J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

III. Die Organisation der Staatskanzlei - 3. Sonderreferate

höhere Ziele: den Posten eines Legationssekretärs in Lissabon, einen Lehr­auftrag beim Herzog von Reichstadt, das Amt eines eidgenössischen Ge­schäftsträgers in Wien oder sonst eine Sondermission in Griechenland, Frankreich oder Sachsen 251 *). Es blieb aber zunächst beim Unterrichte Don Miguels und bei gelegentlichen, Portugal betreffenden Gutachten. Das änderte sich, als Don Miguel Ende 1827 heimkehrte, und Pilat wollte nun Hülsemann, der schon seit mehreren Jahren die englischen Parlamentsver­handlungen für den österreichischen Beobachter bearbeitete, ganz für diesen gewinnen. Gentz aber verhalf ihm zur Entsendung nach Lissabon, wo er seinen ehemaligen Schüler weiter zu beraten und zu beeinflussen hatte 262). Allein der Mangel der ihm versprochenen amtlichen Stellung eines österreichischen Generalkonsuls und das Mißlingen der von Hülse­mann geförderten Verheiratung Don Miguels mit der „kleinen Königin“ von Brasilien Maria da Gloria ließen ihn 1832 als Emissär Don Miguels nach Wien zurückkehren. Bald aber enthob der Sturz seines Schützlings Hülse­mann dieser Aufgabe. Nun wandte er sich wieder — allerdings nicht in der so heiß ersehnten Form einer festen Anstellung — dem Pressedienst der Staatskanzlei zu, für den ihn seine Kenntnis der portugiesischen Verhält­nisse und seine Beziehungen zum Coburgischen Hause besonders emp­fahlen. Unterdessen bemühte sich Pilat neuerdings darum, Hülsemann für den österreichischen Beobachter zu gewinnen, während ihm Metternich erst eine Mission zu Don Carlos, dem flüchtigen spanischen Könige, dann die Leitung der Wiener Universitätsbibliothek zudachte. Als beides mißlang, hat Metternich den unruhigen Stellenjäger 1838 als Legationssekretär nach den Vereinigten Staaten von Amerika entsendet, wie es sich dieser schon 1824 gewünscht hatte 253). Der berühmte Adam Müller 254) hat schon bald nach seinem Eintritte in österreichische Dienste als Publizist der Staatsr kanzlei Verwendung gefunden. Die Geschicklichkeit, die er 1813/14 als k. k. Landeskommissär für Tirol auf diesem Gebiete an den Tag legte, brachte es mit sich, daß ihn Metternich 181 j zur Ausarbeitung von Zeitungs­artikeln, Proklamationen, Kundmachungen und anderen schriftstellerischen Aufsätzen ins Feldhoflager mit sich nahm 255). Von Paris hat er ihn im August i8ij — mehr aus literarischen denn aus kommerziellen Gründen -— als Generalkonsul nach Leipzig entsendet und den „tapferen Streiter für das Gute und Rechte, für Monarchie und Religion“ im November 1827 als Hofrat in die Staatskanzlei zurückberufen. Er wollte ihn in dem Kampfe der Zeitmeinungen unmittelbar zur Hand haben, um ihn stets sogleich von seinen Absichten und den politisch-publizistischen Bedürfnissen des Augenblicks unterrichten zu können 2S6). Das währte nun allerdings nur noch kurze Zeit, da Müller schon im Jänner 1829 einem Schlaganfall er­legen ist. 251) 2 j XI 27 Hülsemann an Mett. Portugal Varia 6. 262) 28 I 29 Bittschrift Personalia 8; 28 VIII 12 Gentz an Mett. Interiora 105; 28 IX 13 Vorträge 376. 25S) 38 II 26 Vortrag F 4 Personalia 100. 25ä) C. Wurzbach 1. c. 19, 322; Alig. Deutsche Biogr. 22, 501; H, v. Srbik 1. c. i, 520. 2“) 15 IV io Vorträge 291. 25°) 27 XI 30 Vorträge 371. 47

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