J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

III. Die Organisation der Staatskanzlei - 5. Die Hilfsämter

drohlichen Finanzkrise überhoben 502). Aus diesen Einkünften hatte die Staatskanzlei neben den Bedürfnissen des eigenen Amtes auch die Er­fordernisse der Geheimen Ziffernkanzlei, der Orientalischen Akademie und die von der niederländischen Departementskasse übernommenen Pen­sionen zu bestreiten. 1817 wurde eine Zentralkasse eingerichtet, von der auch die Staatskanzleikasse — als eine der neuen, ihr angeschlossenen Hauptkassen — ihre Dotation empfing 503). Viel einschneidender als diese Änderung machte sich zur selben Zeit das Bestreben der Finanzverwaltung geltend, die Staatskanzlei auf eine „bestimmte, unüberschreitbare“ Dotation zu setzen und sie damit zu jener Wirtschaftlichkeit zu nötigen, die Kaiser Franz so sehr an ihr ver­mißte B04). Dem suchte sich aber die Staatskanzlei durch eine verschleierte Erhöhung des Budgets zu entziehen, die der Kassenreferent Karl Kesaer sen. so geschickt angelegt zu haben glaubte, daß sie das Finanzministerium selbst bei genauester Nachprüfung nicht werde auffinden können ®05). Allein er täuschte sich. Die Finanzbehörden entdeckten sogleich die heim­lich aufgerundeten Posten und verlangten Aufklärung. Und als die Staats­kanzlei damit zögerte und schließlich mit dem verringerten Budget aus- langen mußte, da konnte Kaiser Franz mit Befriedigung feststellen, daß sich die Dotationsschwierigkeiten der Staatskanzlei durch einfaches Zu­warten beheben ließen 506). Nun war es sonnenklar, daß die Staatskanzlei die einzelnen Budgetposten kurzerhand untereinander ausglich, anstatt die Ersparnisse vorschriftsmäßig abzuführen, die Überschreitungen aber außerordentlich anzufordern, was Metternich schließlich auch eingestehen mußte 507). Das widersprach aber so sehr allen Grundsätzen des Dotations­systems, daß Kolowrat mit erhöhtem Eifer auf die Vorlage der vor­geschriebenen Voranschläge drang. Ähnlich lagen die Dinge bei den außer­ordentlichen Anforderungen, die einer fallweisen kaiserlichen Genehmi­gung bedurften. Teils sprach sie die Staatskanzlei ohne wirklichen Bedarf an und beglich daraus die ordentlichen Ausgaben, teils deckte sie ihre außerordentlichen Auslagen mit Umgehung des Kaisers aus den Mitteln der normalen Dotation. Auch hier erhob Graf Kolowrat seine warnende Stimme: „ist das Geld einmal bewilligt, so wird es auch ausgegeben und über die Nachweisung der Verwendung ist man niemals verlegen“ B08). Die Aufmerksamkeit der Finanzbehörden, die die Staatskanzlei durch die Willkürlichkeit ihrer Gebarung mit der ordentlichen und außerordent­lichen Dotation auf sich lenkte, traf sie — je mehr sich das Mißtrauen der Finanzbehörden verstärkte—alsbald auch an einem noch viel empfindlicheren Punkte. Das waren die geheimen, oben erwähnten Fonds, deren Zinsen — r,°2) ix V 24 Vortrag der Kredithofkommission StConferenz (Cb) 300/1811; 11 VII 3 Vorträge 279; 15 I 30 Vorstellung Hortigs Interiora 65. Vgl. A. Beer, Finanzen österr. im 19. Jahrh. 79 ff. 50:1) 17 X 30 Kasseninstruktion Interiora 65. 504) 16 XII 14 Billett an Stadion Kabinettsarchiv, Separat-Billettenprotokoll 453/1816; 17 I vor ii Conferenzverhandlung StConferenz (Ca) 122/1817. sm) 18 X 26 Bericht Kesaers acta secreta n. 84 in Fz. 2. 60e) 19 IX 4 Vorträge 322. B07) 29 III 26 Mett, an Kolowrat Minister Kolowratsakten 514/1829. 008) 32 V 8 Vorträge 397; 40 IX 29 Vortrag der Hofkammer Minister Kolowrats­akten 1632/1840. 88

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