J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

V. Gentz und Metternich - 2. Metternich

unterhalten. Die Konzepte waren ja diesen angeschlossen und so konnten die Referenten auf ihnen vermerken, was der Expeditor „bei der Unter­schrift“ des Staatskanzlers zu tun hatte: daß er ihn auf dessen besonderen Befehl nochmals aufmerksam zu machen habe; daß er ihn auf die Zu­sätze und Änderungen hinzuweisen habe, die sich der Referent erlaubt hätte; daß er ihn die Beilage lesen lasse; daß er ihn über die Art der Versendung — durch Kurier oder per Post — zu befragen habe; daß der Staatskanzler einen Privatbrief beischließen wolle u. dgl. m.888). Behielt Metternich — was ja zuweilen vorkam — die Reinschrift bei sich zurück — etwa weil er den Gegenstand noch mit dem Grafen Kolowrat besprechen wollte —, dann vermerkte dies der Expeditor auf dem be­treffenden Konzepte 889). In besonders wichtigen, geheimen oder durch die Etikette vorgeschrie­benen Fällen hat Metternich die Reinschrift selbst besorgt. So hat er z. B. auf einem eigenhändigen, Depont zur Durchsicht übermittelten Konzepte die Weisung notiert: „ä revoir et ä me renvoyer pour que copie moi- méme la lettre“. Auch finden sich Notizen Mercys, daß Metternich dessen Konzepte eigenhändig ausgefertigt oder daß er eingelangte vertrauliche Korrespondenzen selbst beantwortet habe 89°). Die Depesche, mit der der Pariser Botschafter Fürst Schwarzenberg am 12. März 1811 von den neuen, am 15. März verlautbarten Finanzmaßregeln in Kenntnis gesetzt worden ist, ist von Metternich ebenso eigenhändig zu Papier gebracht worden wie der Vortrag über seinen berühmten Besuch in der Kerkerzelle des Grafen Confalonieri, wie das Begleitschreiben der zu Nesselrodes Einsicht nach St. Petersburg übersendeten Interzepte oder wie ein an den Fierzog von Modena gerichtetes Courtoisieschreiben, dessen von Depont ent­worfenes Konzept Metternich mit seiner Paraphe, dem Datum und dem Expeditionsvermerk versehen hat891). Ähnlich ist es auch von Metter­nichs vertrautesten Referenten — etwa von Mercy bei dem von ihm kon­zipierten Vortrage über den geheimen Dienst in Preßburg — gehalten worden 892). In besonders geheimen, äußerste Vorsicht erheischenden Fällen — etwa bei der Regelung der Schulden des Gesandten Revitzky durch das Bankhaus Sina — ist beim Briefverschluß das Kabinettssiegel mit dem fürstlichen Wappenstempel verwendet worden 893). Auch Aus­züge — teils von eingelaufenen, teils von abgesendeten Privatschreiben — sind von Metternich — meist wohl unmittelbar für den Kaiser — eigen­händig angefertigt worden. Selbst als Übersetzer an ihn gerichteter Schreiben — etwa eines Lord Castlereaghs — hat sich Metternich betätigt. Man weiß, wie klar Fürst Metternich die Bedeutung der Presse — die destruktive sowohl wie die konservative — erkannt hat und daß 8B8) 39 IX 4, 41 X 28 Vorträge 426, 433; 38 III 25 Weisung nach Stuttgart Deutsche Akten 92 (alt); 42 VII 10 Weisung nach Frankfurt 1. c. 75 (alt). 889) 34 XII 22 Vorträge 411; 35 IV Note an Ostini Lucca 2; 45 XI Vorträge 444. 89°) 43 IX 9 Mett, an Orloff Rußland, Korr. 46; 32 III 19 Mett, au pére Rozaveu Rom 43; 22 IV 29 Gräfin Lipona an Mett. Frankreich, Varia 97 b. 891) ii III 12, 24 II 3 Vorträge 277, 349; 34 I 11 Weisung nach St. Petersburg Rußland, Korr. 30; 39 III 31 Schreiben an Herzog von Modena Toskana 44. 892) 26 III 25 Vorträge 362. 89S) 43 XII 5 Schreiben an Baron Sina F 4 Personalia 188 (Revitzky). 153

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