J. K. Mayr: Inventare Teil 5. Band 2. Geschichte der österreichischen Staatskanzlei im Zeitalter des Fürsten Metternich (1935)

IV. Der Beamtenkörper der Staatskanzlei - 3. Materielle Verhältnisse

geschenke, die einzelne Schweizer Kantone den österreichischen Unter­händlern des neuen Postvertrages zugedacht hatten — doppelt unerwünscht, da sie von den Führern der radikalen Bewegung in der Schweiz stammten —, wieder zurückgestellt werden. D. Kanzleipräsente. Kamen die diplomatischen Geschenke nur wenigen Auserwählten zu­statten, so hatten sich an den sogenannten Kanzleipräsenten oder Traktat­geldern alle Staatskanzleibeamten zu erfreuen, die damit eines einzigartigen Vorrechtes teilhaftig wurden, das sie weit über alle anderen Staatsbeamten emporhob. Es war internationale Gepflogenheit, beim Abschlüsse von Staatsverträgen und Ehepakten von Mitgliedern des Herrscherhauses die beiderseitigen Hof- und Staatskanzleien mit stattlichen Geschenken zu be­denken, die bei besonderen Gelegenheiten — etwa beim Einlangen wichtiger Nachrichten, bei Taufen, Bischofswahlen oder ähnlichen Anlässen — in kleinerem Ausmaße auch im eigenen Wirkungskreise verliehen werden konnten. So wurden der französische Kurier, der die Nachricht von der glücklichen Entbindung Maria Louisens samt einem Bilde des neugeborenen Prinzen überbrachte, und sein portugiesischer Kollege, der ein Ähnliches bezüglich der Kronprinzessin melden konnte, mit einem Geschenk vön je hundert Dukaten bedacht. Die Taufe des Königs von Rom veränlaßte Kanzleigeschenke, deren Kosten aus dem Verkaufe ehemals salzburgischer Edelsteine gedeckt wurden 687). Erzherzog Rudolfs Wahl zum Olmützer Erzbischof war von einem Kanzleipräsent von 500 fl. begleitet 688). Ähnliche Kanzleipräsente wurden audi bei Vermählungen von Mitgliedern des Herr­scherhauses ausgeteilt 689). So brachten die Vermählungen der Erzherzo­ginnen Maria Louise (mit Napoleon), Maria Clementine (mit Leopold von Sizilien) und Leopoldine (mit Dom Pedro von Brasilien) und Kaiser Franzens Vermählung mit Karolina Augusta von Bayern den Staatskanzleibeamten je 3000 fl. ein, 2000 fl. die Vermählung der Erzherzogin Karoline mit Friedrich August von Sachsen. Beiderseitig und in Dukaten honoriert wurden die Vermählungen Maria Louisens mit 2000, Erzherzog Karls (mit Henriette von Nassau) und Maria Clementinens mit je 1000, Kaiser Franzens mit 1 joo, Leopoldinens und Karolinens mit je 1000, des Palatins Erzherzog Josef (mit Maria Dorothea von Württemberg) mit joo, der Erzherzoge Rainer (mit Maria Elisabeth von Savoyen) und Franz Karl (mit Sophie von Bayern) und der Erzherzogin Maria Theresia (mit Ferdinand II. von Neapel) mit je 1000 und des Erzherzogs Albrecht (mit Hildegard von Bayern) mit 500 Stüde. Selbst Dom Miguels Verlobung mit Maria da Gloria wurde von- seiten Brasiliens und Portugals — voreilig, wie man weiß — durch Kánzlei- präsente von je joo Dukaten gefeiert. Die mit Beginn der Dreißigerjahre einsetzende erhöhte Sparsamkeit im Staatshaushalte hat die Staatskanzlei­beamten bei den Vermählungen des Erzherzogs Ferdinand (mit Maria Anna von Sardinien) und der Erzherzogin Adelheid (mit Viktor Emanuel von Sardinien) um das seit 1770 üblidie Kanzleigeschenk gebracht. Nun war man e87) ii V 8 Vorträge 278. 688) 19 VI 18 Schema der Verteilung Interiora 35. 689) Belege in Interiora 35. • ; 120

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