Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)
VI. Biographische Daten und Betätigung der einzelnen Beamten - 1. Die Reichsvizekanzler
steins zählte, ist wohl nicht zu bezweifeln 234). Seine Rolle bei der Untersuchung gegen die der Mitschuld am Verrat Wallensteins beschuldigten Offiziere sowie bei der Abfassung jener offiziellen Staatsschrift, die der Rechtfertigung des Vorgehens des Kaisers gegen Wallenstein diente, hat Heinrich von S r b i k klargelegt 23S). Beim Kaiser stand Stralendorff nach dem Zeugnis des päpstlichen Nuntius Pallotto wegen seiner Gelehrsamkeit und Reinheit in großer Achtung. Demselben Berichterstatter zufolge wurde Stralendorff von Eggenberg sehr gefördert und hatte in allen Reichsgeschäften großen Einfluß 235 a). Näherer Untersuchung wäre, wie schon Stieve bemerkte, Stralendorffs Stellung zu den Fragen der Verfassung des Reiches in jener Zeit wert 236), zumal die Zeitgenossen seine großen Kenntnisse auf dem Gebiete des Reichsrechtes rühmen. Stralendorff, der, wie Khevenhüller berichtet 237), in seinen letzten Lebensjahren gelähmt war, starb am 18. Oktober 1637 238). Sein Nachfolger wurde Ferdinand Sigismund Graf Kurz 239), der Stralendorff anscheinend in seiner letzten Lebenszeit bereits vertreten hatte 24°). Er entstammte jener bayrisch-tirolischen Familie Kurz von Senftenau, aus der bereits einmal ein Reichsvizekanzler hervorgegangen war241). 1592 zu München geboren, kam er als Page zu Erzherzog Albrecht, dem Statthalter der Niederlande, und von diesem 1625 an den Kaiserhof 242). Schon am 26. Januar 1626 wurde er als wirklicher Reichshofrat installiert 243) und gehörte bis zu seiner Ernennung zum Reichsvizekanzler diesem Gerichtshöfe an. Daß der Kaiser ihn eigenmächtig zum Vizekanzler ernannte und dadurch den lebhaften Protest des Erzkanzlers auslöste, wurde bereits in anderem Zusammenhänge ausgeführt 244). Der Protest galt übrigens nicht der Person Kurzens, vielmehr dem Vorgehen des Kaisers. Da Kurz sofort nach seiner Ernennung vom Kaiser zu Verhandlungen mit Sachsen und Brandenburg entsandt wurde, erhielt er am 2. November 1637 in der Person des Reichshofrats Vizepräsidenten Reck zunächst einen ’34) Vgl. Herrn. H a 11 w i c h, Fünf Bücher Geschichte Wallensteins 1, 367, 391 ff. (wo Hallwich Stralendorff jedoch mit dessen Vater Leopold verwechselt); 2, 292, 370, 479, 488. Uber seine hohe Einschätzung in Spanien vgl. Günter, Die Habsburger Liga 1623 bis 1635, 81 u. 295 f. 235) Wallensteins Ende 322 u. 333. 2:15 a) Vgl. Pallottos Schreiben v. 18. Aug. 1629 b. Kiewning, Nuntiaturber. IV/2, 292, Anm. i. Der Nuntius nennt Str. geradezu die Creatur Eggenbergs. 236) Vgl. Opel, Der niedersächsisch-dänische Krieg 3, 386 ff. 237) Konterfet 102. 238) Laut Schreibens des Kaisers v. 29. Okt. 1637 i. R. K. Verf. A. 2. Stieve gibt Alig. deutsche Biogr. J6, 495, wo er kurz auch von Peter Heinrich Str. handelt, irrtümlich den 13. Februar als Todestag an. 239) Er selbst Unterzeichnete sich stets Khurtz, doch bleibe ich im Hinblick auf die im 16. u. 17. Jht. übliche große Inkonsequenz in der Schreibung der Familiennamen und auf die sonst in der Familie gebräuchliche Schreibweise bei der Form Kurz. 24°) Vgl. das Schreiben Ferdinands III. an d. Kard. Infanten v. 1637 Juni 23 i. Belgien Hofkorr. 19. 241) Jakob Kurtz, vgl. oben S. 319. 242) Nach den knappen Angaben von K r o n e s i. d. Allgem. dtsch. Biographie 17, 429. 2“) R. H. R. Resol. Prot. saec. XVII, Nr. 74, fol. 9 v. 2H) Vgl. oben S. 44. Für Kurz hatte sich auch Maximilian von Bayern in einem Schreiben v. 4. Nov. 1637 beim Erzkanzler eingesetzt (Mzer. R. K. 3). 336