Lothar Groß: Inventare Teil 5. Band 1. Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559-1806 (1933)

VI. Biographische Daten und Betätigung der einzelnen Beamten - 1. Die Reichsvizekanzler

aber nicht ohne eine gewisse Gutmütigkeit ia). Was seine politische Stellung betrifft, wird man nicht fehlgehen, ihn der toleranten Richtung unter den Beratern des Kaisers zuzuzählen 50). Vielleicht erklärt sich aus seiner Haltung in religiösen Dingen, die der des Kaisers nahestehen mochte, daß dieser ihn trotz der Geringschätzung, die er seinen Fähigkeiten entgegenbr.achte, in seiner Stellung hielt und sein Einfluß beim Kaiser wuchs50a). Gleich Seid und Zasius sollte auch Weber dem Herzog Albrecht von Bayern ständig berichten 51). Indessen fand Webers Tätigkeit nicht Albrechts Zufrieden­heit, der Bayernherzog mißtraute ihm trotz Selds Fürsprache und äußerte sich gelegentlich in abfälligen Worten über ihn 52). Mit dem spanischen Hof stand Weber in den besten Beziehungen und bezog von dort eine Jahrespension 53). Obzwar Weber, wie schon ausgeführt, in seinem Amte nicht entfernt den Eifer eines Seid oder Zasius an den Tag legte, verstand er es doch sehr gut, seine Stellung materiell auszunützen und scheute nicht davor zurück, für amtliche Dienste sehr bedeutende Geldsummen anzu­nehmen. Wenn man auch die Annahme derartiger „Geschenke“ damals anders wertete als in späterer Zeit, so erreichten sie bei Weber eine solche Höhe und wurden in einer Form gegeben und wohl auch gefordert, daß man wohl von Bestechung wird sprechen müssen. Das größte Geschäft machte er bei der Erhebung Herzog Cosimos von Medici zum Großherzog von Toskana54). 1576 sagte man ihm nach, daß er durch derartige Ge­schenke ein Vermögen von mehr als 100.000 Gulden erworben habe r>5). So wird es auch erklärlich, daß Weber 1567 die Herrschaft Bisamberg in Niederösterreich von den Eitzingern kaufen konnte56), welchem Kauf 1573 die Erwerbung der Herrschaft Retz folgte, die er von Kaiser Maxi­milian, zunächst als Pfandinhaber, erhielt57). Außerdem besaß er den Markt Krumbach und Hyrbin an der Lach in der Markgrafschaft Burgau. Für diesen Markt erhielt er von Rudolf II. 1577 ein Privileg gegen Juden­wucher 58). Weber muß es somit recht gut verstanden haben, sich ein an­sehnliches Vermögen zu schaffen. Nicht unerwähnt sollen seine verwandt­schaftlichen Beziehungen mit verschiedenen Beamten der kaiserlichen Be­hörden bleiben. Er nennt den bei Maximilian in hoher Gunst stehenden 4”) Man vgl. sein Schreiben an Singkmoser auf dem Memoriale der Kirche zu Rémire- mont i. Mise. grat. 68. — Über W. Charakter vgl. auch Hopfen, K. Max. II. u. der Kompromißkatholizismus 102. M) Vgl. Hopfen a. a. O. u. Moritz, Die Wahl Rudolfs II., 442. 50 a) Vgl. Moritz 360. 51) Über die Agenten Bayerns am Kaiserhofe im 16. Jht., die z. T. Beamte der kaiserl. Kanzlei waren, vgl. Leist, Zur Geschichte d. auswärt. Vertretung Bayerns i. 16. Jht., ferner oben S. 31. 5S) Götz a.a. O. 5, 263, Anm. 1 u. 790, Anm. 2, wo Albrecht Weber einen „groß- baucheten Schelm“ nennt. 6S) Coleccion de documentos ineditos para la historia de Espana no, 36 u. 421. **) Vgl. Bibi, Die Erhebg. Hzg. Cosimos v. Medici z. Großhzg. v. Toskana i. Arch, f. őst. G. 103, 160 f. 5S) Stephan G e r 1 a ch d. Ä., Tagebuch der ... an die ottoman. Pforte abgefertigt. Gesandschaft, Frankfurt (1674), 282, 327 u. 346. M) Topographie v. Nd.-Österreich 2, 171 ff. n7) Vgl. Puntschert, Denkwürdigkeiten der Stadt Retz 387. Im Privileg K. Ru­dolfs II. v. 17. Okt. 1577 (R. Reg. Rúd. II. Bd. 3, fol. 61 v) wird W. als Pfandinhaber von Retz bezeichnet. 5S) Vgl. obiges Privileg und Conf. priv. W. 2. 314

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