Historische Blätter 7. (1937)

Josef Karl Mayr: Die Schlussakte des Wiener Kongresses

Frankreich zurück9. Es gab aber noch andere Momente, die Gentzens Redak­tionsarbeiten behinderten. Der Wiederausbrnch des Krieges erzwang den schleunigsten Abschluß besonderer Territorialverträge bezüglich Polens, Krakaus, Sachsens, Genuas, der Niederlande u. a., die den Kongreß den Mai über in Atem gehalten haben. Auch blieb die Frage offen, ob die Schlußakte unter so ungünstigen Umständen ausgearbeitet oder ob sie nicht besser aufgeschoben werden solle10. Schon schickten sich Kaiser Franz, der Zar und der Preußenkönig zur Abreise an, als die Fünf am 23. Mai eine vierte Redaktionskommission bestellten, die aus Protokollen und Sonderverträgen die Schlußakte zu bilden hatte. Die systematische Gliederung der Artikel wurde Gentz an­vertraut. Clancarty und Humboldt, die mit ihm die Redaktionskommission bildeten, hatten seine Arbeiten zu überwachen und die Bevollmächtigten der Großmächte über deren Fortgang täglich zu unterrichten. Diesem Be­schluß der Fünf waren, wie wir durch Gentz wissen, mehrtägige Beratungen vorausgegangen, die die Beurkundungsform betrafen. Metternich und Gentz waren im Vereine mit den russischen und preußischen Bevollmächtigten für den Aufschub der Schlußakte und lediglich für die Veröffentlichung der Sonderverträge eingetreten, hatten aber den Widerstand Clancartys und Talleyrands nicht zu brechen vermocht. So blieb es bei der Schlußakte, der die nötige Feierlichkeit innewohnte und die sämtliche Kongreßbeschlüsse — auch die minder bedeutsamen und abseits liegenden — unter ihr schützendes Dach bergen konnte11. Nun ging die Arbeit rasch vonstatten, wie Gentzens Tagebuchein­tragungen zeigen. Am 27. Mai genehmigten die Fünf die vorgelegten Ver­tragsartikel und einigten sich zwei Tage später über die von Clancarty verlangte, den Gebrauch des Französischen als unverbindlich bezeichnende Erklärung — Artikel 120 — und über die Unterzeichnung der Schluß­akte durch alle Bevollmächtigten in der alphabetischen Reihe ihrer Höfe. Am 4. Juni wurde die Aufzählung der Bevollmächtigten geregelt und das Unterfertigungsrecht den anwesenden Bevollmächtigten zuerkannt. Zwei Tage später wurde der Umkreis der unterzeichnenden Mächte auf die Sig­natare des ersten Pariser Friedens beschränkt12. Das war notwendig, sollte 9 L. Assing, Tagebuch Gentzens 1, 368; C. Webster 78 (die Seitenzahlen der 1. und 2. Auflage decken sich). 10 Metternich-Klinkowström, Österreichs Teilnahme an den Befreiungskriegen 535­11 C. Angeberg 2, 1218; Metternich-Klinkowström 547 f.; A. Prokesch-Osten jun., Dépéches inódites du Gentz, 1, 164 f. 12 C. Angeberg 2, 1249, 1263, 1336, 1352. 5 63

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