Historische Blätter 7. (1937)

Jakob Seidl: Das Lothringische Hausarchiv als Geschichtsquelle

werden 5 6. Andererseits finden sich in den Kopialbüchern, Briefsammlungen und dergleichen, die weggebracht worden sind, Nachrichten über Lothrin­gens innere und auswärtige Geschichte. Nachdem Franz Stephan das Erbe des Hauses Medici angetreten hatte, sind die meisten der Archivalien um die Jahreswende 1737/8 von Brüssel nach Florenz gebracht worden, wäh­rend der kleinere Teil derselben direkt nach Wien gesendet worden ist. In Florenz sind diese aus verschiedenen lothringischen Kanzleien stam­menden Archivalien ohne Rücksicht auf ihre Herkunft durch den herzog­lichen Kabinettssekretär Thierry nach praktischen Gesichtspunkten ge­ordnet und repertorisiert worden. Diese Ordnung wurde, wie bereits oben erwähnt, nachdem das L. H. A. nach Wien gebracht und vom Haus-, Hof- und Staatsarchiv übernommen worden war, von Beamten desselben voll­endet und in dieselbe auch jene Bestände einbezogen, welche direkt nach Wien gebracht worden waren. Auch wurden damals Akten verschiedener Kanzleien Franz Stephans und Nachlässe von in öffentlichen Stellen be­findlicher Lothringer mit dem L. H. A. vereinigt. Daß unter diesen Umständen von der alten kanzleimäßigen Ordnung der Akten, in der sie erwachsen waren, nichts mehr erhalten ist und daß auch die einzelnen Provenienzen nicht mehr geschieden sind, ist nicht zu verwundern. Es wäre sicherlich eine nicht nur für die Kanzleigeschichte und Aktenkunde6, sondern auch für die Verwaltungsgeschichte Lothringens dankbare, aber äußerst schwierige Aufgabe, an Hand der in Wien, Nancy und allenfalls auch in Paris befindlichen lothringischen Bestände eine Geschichte des lothringischen Behörden- und Kanzleiwesens zu schreiben und festzustellen, welchen einzelnen Behörden und Kanzleien die erhalten gebliebenen Akten entstammen. Wenn ich nun den Versuch unternehme, den Wert der Akten des L. H. A. als Geschichtsquelle darzustellen, so erscheint es am besten, nicht chronologisch vorzugehen, sondern verschiedene Themata herauszugreifen und für die einzelnen derselben Hinweise auf die in Betracht kommenden Bestände des L. H. A. zu bieten. Ich hoffe, auch hierdurch den Benutzern des L. H. A. eine Hilfe bei ihren Forschungen zu bieten, die um so not­wendiger erscheint, als im Haus-, Hof- und Staatsarchiv zwar ein Per­5 E. H. Huhn berichtet in seiner „Geschichte Lothringens“, 2. Bd., S. 380, daß unter der Regierung Stanislaus Leszczynski anläßlich der Liquidierung der Staatsschuld durch Anton Lancelot die lothringischen Archive durchforscht und die wichtigsten Bestandteile derselben, „zumal auch die, welche die Geschichte und Genealogie der herzoglichen Familie hetrafen“, nach Paris geschafft worden sind. 6 Courtoisievorschriften für die Lothringische Kanzlei sind im L. H. A., 3. Abt. 17, Chiffernschlüssel 2. Abt. 337—339, erhalten. 36

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