Historische Blätter 7. (1937)

Walter Latzke: Das Ende des Wiener Frauenklosters St. Anna

bau Wiens zu einer modernen Festung traf die landesfürstliche Gewalt damals eine Reihe von einschneidenden Verfügungen. Konnte auch der Wiener Stadtrat seinen Plan, alle Wiener Nonnenklöster mit Ausnahme von St. Jakob, St. Lorenz und Himmelpforte aufzuheben, in den Mönchs­klöstern die Zahl der Mönche auf je drei zu reduzieren und die freiwer­denden Klostergebäude den obdachlos gewordenen Vorstädtern zur Woh­nung anzuweisen, bei König Ferdinand nicht durchdringen, so gelang ihm doch die endgültige Erwerbung des St. Clara-Klosters für das Bürger­spital 9. Am 3. März 1530 erteilte der König von Prag aus den Bescheid, demzufolge u. a. das Kloster St. Clara eingezogen und in ein Spital ver­wandelt, die Häuser aus dem Besitze des Klosters an obdachlose Bürger aus den Vorstädten übergeben werden sollten10 11. Desungeachtet hatten Statthalter und Regenten der niederösterreichischen Lande der Äbtissin in des Königs Namen schon am 6. Februar den scharfen Befehl zugehen lassen, am 14. Februar alle Urbare, Grund-und Dienstbücher des Klosters vorzulegen, damit ein Viertel des Einkommens als außerordentliche Tür- kensteuer eingezogen werden könnte u. Die obdachlosen Nonnen — sieb­zehn an der Zahl — waren gezwungen gewesen, sich in einem Bürger­hause einzumieten. Als sie aber der Hauseigentümer mit der Kündigung bedrohte, sandte die Äbtissin Anna in ihrer Verzweiflung ihren Bruder mit einer Bittschrift an den König nach Prag. Sie bat darin unter Dar­legung der jammervollen Lage ihres Konvents um die Zuweisung des der Stadt Wien gehörigen Pilgramhauses zu St. Anna12 13 als Ersatz für das ver­lorene St. Clara-Kloster sowie um Stundung der Türkensteuer, die den vierten Teil aller Klostergüter verlangte1S. Der König befahl zwar am 26. April der niederösterreichischen Regierung, an die sich die Äbtissin gleichzeitig direkt gewendet hatte14, den Klarissen eine neue Unterkunft auszumitteln15, teilte diesen Auftrag auch schon tags zuvor der Äbtissin mit, verlangte aber gleichzeitig die Überantwortung aller Grund- und 9 Geschichte der Stadt Wien (hsg. vom Altertumsvereine zu Wien), IV (1911), S. 300. — Quellen zur Geschichte der Stadt Wien (weiterhin abgekürzt mit QGW), 1/1, no. 1043. 10 QGW 1/2, no. 1376. 11 or. StA: Österreichische Akten, Geistliches Archiv (weiterhin abgekürzt mit ÖA, GA) fz. 2, no. A 251. 13 Über das Pilgramhaus vgl. Leopold Sailer, Das Wiener Pilgramhaus; Monats­blatt des Vereines für Geschichte der Stadt Wien, XVI. (51.) Jahrg., 1934, no. 4/6, S. 13 bis 18. 13 K. Top. XI, S. 420—424 (Beilage 51); conz. im StA: ÖA, GA fz. 3 no. A 341. 14 K. Top. XI, S. 424 (Beilage 52). 15 QGW 1/2, no. 1960. 101

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