Historische Blätter 5. (1932)

Georg Wittrock: Gorčakow, Ignatiew und Šuwalow

als wenig glücklicher Feldherr der Serben im Kampfe gegen den Serasker Abd-ul-Kerim viel genannt, in das europäische Hauptquartier gerufen zu werden schien, obschon er später zum Heer nach Asien versetzt wurde, zog er aus den bejahenden Antworten Gorcakows auf seine zweifelnden Fragen die gebührenden Schlüsse. „Während Fürst Gorcakow sich rühmte, die bösen Geister gebannt zu haben, zogen diese triumphierend in Amt und Würden ein 60.“ Ob die Kriegs- oder Friedenswünsche zuletzt in Erfüllung gehen sollten, das hing zunächst hauptsächlich von dem mehr oder weniger festen Zusammenhalt der Großmächte und von dem größeren oder kleineren Entgegenkommen der Hohen Pforte ab, die jetzt an den Kon­ferenzen in der Hauptstadt des Sultans erprobt werden mußten. Hier trat General Ignatiew als russischer Botschafter wieder in den Vorder­grund. Es ist für die Lage in Rußland einigermaßen bezeichnend, daß der sonst alles andere als türkenfreundliche und wegen seiner Rücksichts­losigkeit getadelte Diplomat hier zu allgemeiner Überraschung vorsich­tig und versöhnlich auftrat. Zielbewußt strebte er auch darnach, mit dem ersten Repräsentanten Großbritanniens (nebst Sir Henry Elliot), dem Marquis von Salisbury, gute Eintracht zu halten. Sicherlich geschah das nicht nur darum, daß er, wie das Gerücht erzählte, noch nicht die Hoffnung aufgegeben hatte, den Gesandtenposten in Konstantinopel gegen dieselbe Stellung in London zu vertauschen, sondern zuförderst, um womöglich eine seinem Lande genügende friedliche Lösung ohne Krieg zustande zu bringen. Daß er dabei zugleich für die eigene poli­tische Zukunft wirken wollte, ist sehr glaubhaft, in dieser Hinsicht aber zielten seine Absichten wahrscheinlich schon jetzt höher als auf eine neue Botschaft61. 60 Schweinitz, Denkwürdigkeiten, I S. 368 f. Vgl. über einen späteren Zeitpunkt Langenau an Andrássy 22. Mai/3. Juni 1877: „Der Großfürst Michael begibt sich in diesen Tagen nach Alexandropol zur Armee, und übernimmt daher deren Oberbefehl. Dem General Tschemajeff ist es nun endlich doch gelungen, in der kaukasischen Armee angestellt zu werden, trotz einer anfänglichen Pro­testation des Großfürsten, über welche ich telegraphisch zu berichten die Ehre hatte.------------Die Wiederübernahme Tschernajew’s in russischen Dienst, und die Fo rmierung von bulgarischen Bataillons, so wie die, dem Civil-Commissär Fürst Tscherkaski mit entschieden slavischer Tendenz ertheilten Instructionen bilden, meiner Ansicht nach, die Schattenseite dieser Campagne.“ Wien. 61 Langenau an Andrássy 8./20. Dez. 1876 (eigenhändiger Privatbrief). Wien. Siehe auch unten S. 110. Vgl. Wertheimer in den Historischen 100

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