Historische Blaetter 2. (1921)

G. v. Below: Zur Geschichte der deutschen Geschichtswissenschaft

M. Ritter1 Eichhorns Programm — „darin, daß er sich selbständig verändert, worauf die Veränderung jedoch naturgemäß wieder ,das Bedürfnis’ nach entsprechend verändertem Recht erzeugt“. „Die Art der Beschäftigung der mittelalterlichen Stände, je nachdem sie auf Krieg, Ackerbau, Gewerbe oder Handel geht, führt die Angehörigen des Volkes in verschiedenen „Klassen“ zusammen, die dann durch Sonderrechte als Stände oder Körperschaften geschlossen und durch Vererbung oder Selbstergänzung dauernd gefestigt werden ... Für alle diese Kreise mußten aber auch die Sonderrechte aufgehoben oder gemindert werden, sobald ihr Lebensberuf und ihre Lebensverhältnisse, wie sie z.B. für den rittermäßigen Adel in der Verbindung von ,ritter­mäßiger Lebensart und Grundeigentum’ bestanden, ganz oder teilweise untergingen.“ Auf Niebuhr folgte Böckh mit der ihm gewidmeten „Staatshaushal­tung der Athener“ (1817), einem klassischen Werk der wirtschafts­geschichtlichen Forschung. Von den Forschern, die weiterhin sich der antiken Wirtschaftsgeschichte widmeten, seien hier Nitzsch (1847) und Drumann angeschlossen. Auf dem Gebiete der alten Geschichte wurden in jener älteren Zeit nicht viele, aber bedeutungsvolle wirt­schaftsgeschichtliche Arbeiten veröffentlicht. Zahlreicher waren die Veröffentlichungen über mittelalterliche und neuere Wirtschafts­geschichte. Wir können hier mehrere Gruppen unterscheiden2. Zu­nächst treten Jünger der historischen Rechtsschule hervor, z. B. H. Leo, Rudorff (der mit seinen „Gromatischen Institutionen“ „dieses für römische, juristische wie ökonomische Verhältnisse so bedeutsame, aber auch wegen der technischen Seite so schwierige Gebiet eigentlich erst erschlossen und zugleich schon endgültig aus­gestaltet“ hat), Stenzei (mit einem musterhaften Werk über ost­deutsche Kolonisationsgeschichte), G. W. v. Raumer, H. v. Sybel (mit seiner „Entstehung des deutschen Königtums“). Daneben steht der große Kreis der lokal- und territorialgeschichtlichen Forscher: 1 M. Ritter, S. 348 f. Über die Verwendung des Terminus der gesellschaftlichen Klasse, den durchaus nicht erst Marx eingeführt hat, s. auch m. „Geschicht­schreibung“, S. 131 und 179; Schmollers Jahrbuch 1921, S. 79; V. j. sehr. f. Soz. u. W. G„ Bd. 16, S. 197. 2 Näheres über diese verschiedenen Gruppen s. in m. „Geschichtschreibung“, S. 140 ff. Vgl. ferner z. B. E. Landsberg a. a. 0. III, 2, Text S. 463; Anmerkungen S. 8f. und S. 327 f; Th. Ziegler a. a. 0. S. 152. — Einmal hat Tröltsch (Marxismus, S. 429, A. 1) selbst bemerkt, daß man schon früher auf das Verhältnis der geistigen Strömungen und der ökonomischen Verhältnisse geachtet habe, indem er die große Tatsache konstatieren zu müssen glaubt, daß, wie bei Plenge und anderen Neuem, so „schon bei Schnaase sich viele Bemerkungen dieser Art finden“. Wie kindlich! Bei Zeitgenossen und Vorgängern Schnaases gar nicht?

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