Pester Lloyd-Kalender 1861 (Pest, 1861)

Pester Lloyd-Kalender für das Jahr 1861. - Necrologie

Necrologte. 17 April aus Hypochondrie über eine schmerzliche Krank­heit. Rudmansky. Joseph von, ehemaliger Bi­schof von Neusohl, starb im Alter, von 73 Jahren am 24. November zu Preßburg. Sapieha, verwittwete Fürstin und Schwie­germutter des Fürsten Czartorisky, flüchtete sich 1831 nach Paris. Da es ihr gelungen war, ihre Schätze aus, dem Schiffbruche der polnischen Revolution zu retten, lebte sie dort als Wohlthäterin aller ihrer verbannten Landsleute. Sie starb am 28. No­vember im Alter von 96 Jahren, aber dennoch int vollen Besitz ihrer Geisteskräfte. Schulze-Bodmer, Wilhelm, politischer Schrift­steller, geboren 13. März 1797 in Darmstadt, starb am 9. Januar in Zürich. Seit 1811 in hessischem Militairdienste, machte er als Officier die Feldzüge von 1813 bis 1815 gegen Frankreich mit, gehörte aber zu den ersten Opfern der Demagogen-Untersuchungen, da 1819 eine populaire Flugschrift seine Entlassung zur Folge hatte. Demungeachtet stellte man ihn 1833 we­gen einer umfassenderen Arbeit, „Deutschlands Einheit durch Nationalrepräsentation" abermals vor einKriegs- gericht, das ihn zu fünfjähriger Festungsstrafe verur- theilte. Schon nach wenigen Monaten entfloh er mit Hülfe seiner Frau, erst nach Frankreich, dann nach der Schweiz, wo er in Basel-Land das Bürgerrecht erwarb. An dem Kampfe der Eidgenossenschaft gegen denSon- derbund nahm er 1847 mit der Feder wie mit demDe- gen Theil. Im folgenden Jahre ward er als Vertreter Darmstadt's in das Frankfurter Parlament berufen und erst nach Auflösung des Stuttgarter Rumpfparla­mentes kehrte er 1849 in die Schweiz zurück. Die letzte seiner publicistischen Kundgebungen war ein, in streng wissenschaftliche Formen gekleidetes Buch über die wirtschaftliche und politische Nothwendigkeit, die großen Militairstaaten einer durchgreifenden Umgestal­tung zu unterziehen, welches der Ausbruch des Krieges von 1859 hervorrief. Schröder-Devrient, Wilhelmine, die be­rühmte dramatische Sängerin, Tochter der großen Tragödin Sophie Schröder, starb am 26. Januar in Koburg. Am 6. Oktober 1805 in Hamburg geboren, ward sie durch ihre Mutter von Kindesbeinen an für die Kunst bestimmt, so daß sie schon mit fünf Jahren zu Wien in einem Ballete die Bühne betrat. Mit 15 Jahren spielte sie an der Burg die „Phädra"; das Jahr darauf zeigte sie unvermuthet als „Pamina" in der „Zauberflöte" zum ersten Male die Macht ihres Gesanges. Unmittelbar nachher begründete sie als „Leo- nore" in „Fidelio" ihren Ruf und begann ihre Kunst­reisen, die sie nach Berlin führten. Hier vermählte sie sich 1823 mit Carl Devrient. Beide wurden in Dres­den engagirt, lösten jedoch ihre Ehe bereits nach fünf­jähriger Dauer wieder. In Paris ward sie 1830 mit rauschendem Beifall ausgenommen, ebenso 1832 und dann zu wiederholten Malen in London; nicht minder [FÍ glücklich liefen seit 1835 alle ihre zahllosen Gastspiele in Oesterreich, Rußland und Deutschland ab. Leonore, Euryanthe, Donna Anna, die Vestalin, Desdemona, Emmeline, Romeo, die Somnambula, Norma und Valen­tine waren ihre Hauptrollen. Nachdem sie 1849 Dres­den definitiv verlassen, verheirathete sie sich ein Jahr darauf mit dem livländischen Gutsbesitzer von Bock, den sie auch, aber nur auf einige Zeit, in seine Heimath begleitete. Durch das Klima, so wie durch den ver­zehrenden Drang nach neuen theatralischen Triumphen gebrochen, kehrte sie einige Jahre vor ihrem Ende nach Deutschland zurück, wo. sie auch in Berlin noch als Con- certsängerin großen Enthusiasmus erregte. Schwarzer, Ernst, österreichischer Publicift, früherer Chefredacteur des „Wanderer", 1848 eine Zeit lang Minister der öffentlichen Arbeiten, später Gründer der „Donau", die sich indeß nur eines kurzen Bestehens erfreute, starb am 18. März in Wien an einer Lungenlähmung, 52 Jahre alt. Sefer Pascha, der ehemalige Führer der Tscher- kessen, der besonders während des Orientkrieges eine Rolle unter ihnen spielte, dann aber in Folge von Par­teizerwürfnissen nach Constantinopel flüchten mußte, starb im Januar. Skrznyrrecki, Johann, 1787 in Galizien ge­boren , diente seit 1806 unter Napoleon's Fahnen. Nach seiner Rückkehr nach Polen zum Obersten ernannt, folgte er bei dem Ausbruche der Revolution von 1830 zuerst dem Großfürsten Konstantin, trat aber dann der Sache der Nation bei. Von dem Generallissimus Rad- ziwill zum Brigadegeneral befördert, zeichnete er sich in der Schlacht von Grochow aus und wurde am 26. Fe­bruar 1831 an Radziwill's Stelle von dem Reichstage zum Oberfeldhcrrn ernannt. Sein Zweck war indessen nur, die Russen aufzühalten, bis die auswärtigen Mächte Zeit zur Vermittelung gewinnen würden: Ende März ließ er sich endlich bewegen, Geismar bei Wawre, und Rosen bei Dembe anzugreisen; allein beide Male weigerte er sich, seinen Sieg zu verfolgen. Nach dem Siege von Jganie, wo am 8, April 8,00Ö Polen 20,000 Russen schlugen, versank er auf's neue in Un­tätigkeit ; griff auch, trotz aller Aufforderungen der Regierung, die längs der Narew stehenden russischen Garden nicht an, obschon es ihm gelang, sie am 15. Mai mit großer Uebermacht zu erreichen. In Folge davon ging am 26. Mai die Schlacht von Ostrolenka verloren, und Skrznynecki mußte sich nach Warschau zurückziehen, wo er über seine Maßnahmen zur Be­schränkung der patriotischen Klubs abermals versäumte, nach Diebitsch' Tode die durch Cholera und Verluste geschwächten Russen anzugreifen. Als Paskiewitsch über die Weichsel ging, wollte der Reichstag am 20. August den General als des Aristokratismus verdräch- tig zur Untersuchung ziehen. Da legte derselbe den Kommandostab sofort nieder und trat am 22. Sep­tember mit dem Corps des General Rozycki auf kra- kauisches Gebiet über, von wo er sich nach Galizien be­

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