Pester Lloyd-Kalender 1860 (Pest, 1860)

Pester Lloyd-Kalender für das Schalt-Jahr 1860 - Budapest

Eine historische Skizze. 13 noch in der neuesten Zeit am Pester Donauufer, an der Stelle des Llvydgebäudes aufgefunden wurden. Nach Bonfini hätte der Thurm ein Brückenkopf werden ollen, während Bertrandon von Brocquiére Ober- tallmeifter des Herzogs von Burgund, der sich im I. 1433 auf der Heimkehr von Palestina in Budapest mfhielt, dem Thurme die Bestimmung : d i e D o- tt au abzus perren zuerkannte. Noch heute dürste >s interessant sein zu lesen, wie sich der genannte Gewährsmann über das damalige Pest-Ofen msfprach : Ofen — schreibt er — die Hauptstadt von Ungarn st auf einer viel längeren als breiten Höhe gebaut. 3m Osten fließt die Donau, int Westen befindet sich in Thahl, im Süden die Burg, welche das Thor ver Stadt beherrscht, und die der Kaiser zu bauen begann. Diese Burg wird nach ihrer Vollendung sehr stark und groß sein. Von dieser Sette befinden sich außerhalb der Festungsumwallung sehr schöne heiße Bäder, östlich am Lauf der Donau sind gleichfalls heiße Quellen, aber nicht so heilsam wie diese. Die Stadt wird in Sachen der Gerichtsbarkeit, des Han­dels und der Handwerke von Deutschen verwaltet. Auch sieht man viele Juden, die französisch sprechen und zumeist zu Jenen gehören, die aus Frankreich vertrieben wurden. Auch einen Handelsmann aus Ar- ras fand ich hier, er ist einer der Handwerker, die Kaiser Sigismund aus Frankreich brachte. Die Um­gebung von Ofen ist reizend, und sein Gebteth ist reich an allerlei Lebensmitteln, besonders an weißen Weinen, die ein wenig feurig sind, was den heißen Quellen, und dem über Schwefel hinfließenden Wasser zugeschrieben wird. Eine Stunde vor der Stadt ist der Körper des heil. Pauls des Einsiedlers zu se­hen, der noch vollkommen wohl erhalten ist. In Pest habe ich 6—8 französische Familien gefunden, die der Kaiser hieber verpflanzte, damit sie am Ufer der Donau seiner Burg gegenüber einen gro­ßen Thurm erbauen. Seine Absicht war eine Kette daran zu befestigen, um damit den Fluß abzusperren. Man könnte glauben er habe den Thurm von Bour- gogne hir nachahnten wollen, der vor der Festung J’Ecluse steht, aber ich glaube nicht, daß seine Absicht 'ausführbar ist, der Strom ist zu breit. Ich habe den Thurm besichtigt. Er hat bereits die Höhe von etwa drei Lanzen erreicht, und um ihm herum lagen zahl­reiche behauene Steine; die Sache unterblieb jedoch, weil, wie man behauptet, die Maurer, welche die Ar­beit begonnen, gestorben sind, und die Zurückgebliebe­nen sie nicht mehr fortsetzen konnten. In Pest giebt es viele Pferdehändler; wer da wollte, könnte, sehr leicht zweitausend gute Pferde zusammenkaufen. Sie werden „stallweise" verkauft, den Stall zu 10 Pferden für zweihundert fl. Ich habe jedoch Pferde gesehen, von welchen 2—3 Stück so viel werth waren. Die Pferde kommen hauptsächlich von den Bergen Siebenbürgens hieher. Ich habe Eines gekauft, einen starken Läufer, eine Eigenschaft, die sie fast alle besitzen. Das Land ist wegen der vielen Wiesen sehr geignet zur Pferdezucht, aber die Pferde haben den Fehler der Störrigkeit, und sie sind sehr schwer zu beschlagen. Ich sah auch solche die man mit Gewalt zu Boden strecken mußte. . . Nach Ofen zurückkehrend, habe ich mit dem Mai­länder Gesandten beim Palatinus von Ungarn meine Aufwartung gemacht. Der Palatinus empfing mich Anfangs mit großer Aufmerksamkeit, weil er mich in Folge meiner Kleidung für einen Türken dielt, als er jedoch erfuhr, daß ich ein Christ bin, fing er an küh­ler zu werden. Der Palatinus ist ein bejahrter Mann. Man sagt, er sei es gewesen, der einst Sigismund ge­fangen nahm, und dann auf dem Wege der Verstän­digung in Freiheit setzte. Sein Sohn bat sich eben mit einer schönen ungarischen Dame vermählt. Ich sah ihn bet einem Lanzenturnter, welches der Sitte des Landes gemäß, auf kleinen Pferden und niederen Sat­teln vor sich geht. Dieses Schauspiel ist sehr ange­nehm. Wie die beiden Streiter aufeinander stoßen, fallen unbedingt entweder beide, oder mindestens einer von ihnen zu Boden, und so zeugt es sich, wer von ihnen fester tut Sattel sitzt. Bei solchen Kämpfen, deren Preis eine goldene Peitsche zu sein pflegt, sind alle Pferde von gleicher Größe, so wie auch die Sattel einander gleich sind. Unter der Regierung Sigismunds ließen sich auch die ersten „Raizen" in Ofen nieder, und die Gründung der Ofner Universität erfolgte gleichfalls unter diesem König,dessen Regierung auch für die Stadt P est einen wichtigen Wendepunk be­zeichnet : Pest obgleich die Mntterstadt von Ofen und wie wir gesehen haben die ursprüngliche Besitzerin der Freiheitsbriefe, war von ihrer zu immer größerer Macht gelangten Rivalin am anderen Ufer fast völlig tu den Schatten gestellt, und es mußte sich sogar ge­fallen lassen seinen Richter und seine Geschworenen von der Gnade der ehemaligen Kolonie, des nun freilich zur Bedeutung einer königlichen Residenz gehobenen Ofen, zu empfangen. Eine jener Geldver­legenheiten, welche das königl. und kaiserl. Haus Sigismunds eben nicht selten heimzusuchen pflegten, befreite Pest von dieser erniedrigenden Stellung. Der König hatte sich nemlich vergeblich an die Ofner wegen eines Darlehens von 1000 Gulden gewandt, da halfen die Pester aus der Noth, wofür sie die Erlaubniß erhielten ihren eigenen Richter und ihre 6 Geschworenen wählen zu dürfen, und somit ward Pest eine von Ofen getrennte kön. Freistadt. Bei dieser Gelegenheit wollen wir es nicht versäumen aus dem s.g. Ofner ,,R e ch t s b u ch e*) einige für die Gewohnheiten, Rechte und Privilegien Ofens bezeich­nende Daten hervorzuheben : Von des Kuaiges und der Kunigin Krönung. Zu des Kuniges oder Kunigin Krö­nung sol der Stattrichter mitt etlichen Herren des Rats , und mit andern erbarn Staileuten erlichen ziehen gen Weissenpurgk do die Krönung sol ge­schahen, Und zu Weissenpurgk selten sic wo 1 und zierlich geharnuscht sten pei der fordern thür an der Kirchen da man den Kunig nnd die Kuni gin krönt, uud sollen der Kirchtur hueten eben so lang, uncz das die Krönung ganz nnd gar gesehen ist, da sulién sie dan den Kunig oder Kunigin be- laiten pis im ír herberg. Von des Kuniges Zukunfft aus Heer- farten, oder aus frömbden landen. Wenn das geschieht, das der Kunig in Heerfarten *) Von diesem „Rechtsbuche" sind zwei Manu- scripte bekannt, von welchen sich das Eine in der Pester Universitätsbibliothek, das Andere in der Bibliothek des evangelischen Lyceums in Preßburg befindet.

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