Pester Lloyd-Kalender 1860 (Pest, 1860)

Pester Lloyd-Kalender für das Schalt-Jahr 1860 - Budapest

Eine historische Skizze. 11 Den Namen des vierten Béla ruft uns auch die dem Kaiserbad gegenübergelegene M a r g a r e t h e n i n- sel, früher Haseninsel genannt, ins Gedächtniß. Auf seiner Flucht vor den Mongolen ruhte der König auf der Insel Vegiia aus. Tiefbetrübt über den Tod seiner zwei Töchter that er das Gelübde, falls ihm noch ein Mädchen geboren werden sollte dasselbe dem Dienste Gottes zu weihen. Und er hielt Wort: seine Tochter Margarethe bezog in zartem Alter von 13 Jahren (1254) das von Beta aus der ge­nannten Insel gebaute Marienkloster, wo sie 17 Jahre später verstarb. Mit ihr theilten zwei fürstliche Töchter den Schleier, Elisabeth die Tochter und Margarethe eine Nichte Stefans V. Margarethe ward unter König Mathias in die Reihe der Heiligen ausgenommen, und die liebliche Insel trägt seitdem ihren Namen. Die fromme Sage will wissen Ladis­laus IV. sei von schwerer Krankheit genesen, als er sein Haupt in den Schleier der früh dahingeschiedenen Margarethe verhüllte, und daß in dem Kloster der Insel ein Aermel des in Köln am Rhein verehrten Christusrockes aufbewahrt wurde. Acht Jahre nach dem Tode der frommen Marga­rethe, im I. 1279 ward in Ofen eine bemertens- werthe Kirchensynode unter dem Vorsitze Philipps des Bischofs v. Formiano und Gesandten des hei­ligen Stuhles abgehalten. Auf dem Throne von Ungarn saß damals der von seinem ausschweifenden Leben und seiner Vorliebe für die Kumanier berüch­tigte Ladislaus mit dem Beinamen der Kumanier. Das schlechte Beispiel des Fürsten hatte auch die kirch­liche Zucht in ihren Grundvesten erschüttert, und Pabst Nikolaus III. sandte deshalb seinen Bischof nach Ofen. Anfangs ging der König aus Furcht vor dem Banne, vielleicht auch den Mahnungen Kaiser Ru­dolfs und Karls von Sicilien gehorchend, auf die Forderungen des Prälaten ein, er verließ seine Ku­nén und Weiber, und nahm seine Gemahlin zu sich, auch leistete er den Eid : die Kirchengüter, die er an sich gerissen wiederherauszugeben, und setzte auch der abzuhaltenden Synode kein Hinderniß entgegen. Dieselbe befaßte sich anfangs mit der Wiederherstel­lung der aufgelösten Kirchenzucht, und ihr 69ster Paragraph schildert mit lebhaften Farben die Sitten jener Zeit. Als jedoch die geistliche Versammlung auch die Angelegenheiten des Staates in ihre Bera- thugen zog, befahl der König dem Richter und den Bürgern der Stadt, die Bischöfe durch Verweigerung der Lebensmittel zur Auflösung der Synode zu zwingen, was auch in einer Weise geschah, daß der päbstliche Gesandte sich genöthiget sah von Ofen nach Preßburg zu gehen, nachdem ihn sogar der König früher, dem angedrohten Banne trotzend hatte verhaften lassen. Ladislaus aber verfiel bald in seine frühere Lebensweise. Unter demselben Könige im Jahre 1285 hatte P e st einen erneuerten Andrang der Tartaren zu bestehen, aber die nun befestigte Stadt war nicht nur im Stande den unmenschlichen Gegner mit Erfolg abzuwehren, sondern ihm noch eine beträchtliche Beute zu entreißen. Von der Regierung Ladislaus IV. ist noch zu erwähnen, daß dieser Kö­nig nicht nur im I. 1276 die Rechte und Freiheiten von Ofen bestätigte, sondern auch den Zusatz erließ, daß die Güter der Verbrecher nicht mehr conflscirt werden dürfen, sondern in den Besitz der Gemahlin oder sonstiger Verwandten des Verurtheilten über­gehen. Wir kommen nun zur Zeit, wo mit Andreas III. im I. 1301 der letzte männliche Sproße des Hauses Arpad ausstarb, und der Wettstreit der Thronbewerber die Wirren der Partheiwuth herauf­beschwor. Damahls wurden auf dem Rak o ser F e l d e die e r st e n Landtage abgehalten, und eine Zeitlang schien es als würde das durch diese Ver­sammlungen zu neuer Bedeutung gelangte. Pest die aufstrebende Rivalin am jenseitigen Ufer überflügeln, aber neue Könige übergoßen mit neuem Glanze die auf dem Festungshügel thronende Köm'gsstadt, und Jahrhunderte hindurch behauptete Ofen den er­sten Rang. Der zwischen Wenzel dem Sohne des Böhmenkönigs und dem von dem heil. Stuhle protegir- ten Karl Robert aus dem Hause Anjou entbrannte Thronstreit brachte nicht nur ein böhmisches Heer nach Pest, sondern rief einen zweimaligen Bannfluch auf die Stadt Ofen herab, die für den Böhmen Parthei nahm. Nichtsdestoweniger fanden sich Geistliche, welche in der excommunicirten Stadt den Gottesdienst verrichteten, und sogar solche, die sich nicht scheuten ihrerseits den Bann gegen den Pabst auszusprechen. Wenzel um seiner Sache sicher zu sein führte die heilige Krone mit sich nach Prag, und so geschah es zum erstenmale das dieses Kleinod sich außer Landes befand. Mittlerweile glückte es Otto von Bayern gleichfalls einem Enkel Bela's IV. mit Hilfe eines Lösegeldes in den Besitz der Krone zu gelangen; er ließ sich 1305 zn Stuhlweißenburg krönen, und ritt im königlichen Schmucke um die Stadt Ofen herum. Allein der schwache Otto wußte sich nicht im Besitze der Macht zu erhalten; um sei­nen Anhang zu vermehren hielt er um die Hand der Tochter Apor's des Wojwoden von Siebenbürgen an, aber der selbst nach dem Throne strebende Wojwode gab dem nach Siebenbürgen reisenden Freyer statt der Tochter ein Gefängniß, und in dem nun herren­los gewordenen Ungarn hatte die Partheiwuth den Gipfelpunkt erreicht. Erst nach einem blutigen Stra- ßentampfe in Ofen bestieg Karl Robert im I. 1309 in Wirklichkeit den Thron, nachdem er sich zweimahl vergeblich die Krone aufs Haupt gesetzt hatte. Ofen sah sich von dem ersten Könige aus dem Hause Anjou vernachläßiget, da Karl Robert zu­meist in Visegrad residirte, nichts destoweniger be­stätigte er die Freiheiten von Buda, und es ward

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