Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1838 (Pesth)
Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1838. - Allerlei zum Zeit vertreib
Der plauderbafte Knabe« Ein Hausvater bekam sehr starke Schmerzen auf der Brust, der Arzt wurde gerufen und äußerte die Meinung, diese Schmerzen seien eine Wirkung des Gichtstoffes, der sich dahin versetzt habe. Za, ja, Herr Doktor! — rief der kleine Sohn — Sie mögen schon recht haben; die Mama hat gestern geweint und gesagt: bet uns sey Alles versetzt. Folgen des Heber ge wichts. Ein Fräulein ver- theidigte ihr Geschlecht mit den Worten: „Bei allen unfern Handlungen zeigt sich ein Übergewicht des Gefühls." „D arum fallen Sie auch so leicht," antwortete ein witziger junger Mann. Der Statist. Ein Schneldergeselle wurde bei einer Prvvlnztalbühne für Statistcn-Rvllen angestellt. Sein erstes Debüt war in Kotzebue's „S o nnen j u n gfrau wo er am Schlüße des Schauspiels mit dem ganzen versammelten Volke den Ruf: „Es lebe der Inka!" erschallen ließ. Da er nicht ohne bedeutende Anstrengung diese Worte einstudiert hatte, so glaubte er sie ein für allemal gelernt zu haben, und am Schlüße jeder Vorstellung anmenten zu können. Als er einige Tage darauf in der Schlußscene des Trauerspiels: -.Kabale und Liebe" unter den Gerichtsdienern auf der Bühne stand, und der Präsident mit den Worten: „Jetzt Euer Gefangener!" das Stück beschlossen hat, kies er mit mächtiger Stimme: „Es lebe der Inka!" Die Warnung. Ein Studierender suchte ein Zimmer, erfand eins in der *** siraße; ein Fräulein zeigte ihm das Zimmer, und als er es besähe, fand er in einer Fensterscheibe Folgendes eingekritzelt: Unglücklicher! der stcht allhier. Verlasse schnell nur das Quartier. Du kannst unmöglich dich verschanzen Vor diesem Fräulein und den Wanzen. Das Examen. Ein Dorfschulmeister warf bei einer öffentlichen Prüfung seinen Schülern die Frage auf: Warum Gott die Welt in 6, und nicht in einem Tage erschaffen habe? Die Antwort blieb aus, und der anwesende Con- sistorialrath, überrascht durch eine so sonderbare Frage, erklärte dem Schulmeister im Stillen, daß er selbst die Antwort nicht wisse. Doch der erhitzte Schulmeister war dadurch nicht zu beruhigen, und rief ganz laut: „gar keine Entschuldigung, Herr Eonsistorialrath, die Jungen sind Ochsen, daß sie es nicht wissen; habe ich es ihnen doch oft eingebläut: weder Gott, noch die Well hätten eine so schnelle Erschaffung ausgehalten." Grund zur Appellation. Ein Jude in B., wurde wegen grober Betrügereien zur gerichtlichen Untersuchung gezogen. Nach Maßgabe der ausgemittelten Verbrechen verurthcilte man ihn zu Ljähriger Zuchthausstrafe nebst 50 Peitschenhieben, und daß er demnächst nach überstanbencr Strafzeit so lange in einer Korrektions-Anstalt untergebracht werden sollte, bis er seinen künftigen ehrlichen Erwerb gehörig nachgewiesen habe. Als ihm diese Sentenz publizirt wurde, verfügte sich sein Defensor, der Justiz-Commlssarius K... zu ihm, und fragte ihn, ob er das Mittel der Appellation ergreifen wolle. mildem Bedeuten, daß er jedoch schwerlich dadurch eine Milderung des, nach ven überwiesenen Vergehungen schon sehr milven Urtheils bewirken lnvchte. „Main?' sagte der Jude, „wir künncns boch prvbiren, liebster Herr Justiz- Commissarius. Die Zuchthausstrafe loß ich nur noch gesotten auch die Peitschenhiebe will gern hinnehmen, machen Sö nur, daß ich von der Besserung loekümme." DasEigenlob. Jemand, der Ranchtaback zu verkau* fen hatte, ließ auf die Päckchen folgende Worte drucken: Dieser Taback lobt sich selbst. Einer kaufte ihm mehrere Pfunde ab, kam aber schon in einigen Tagen sehr aufgebracht wieder, und sprach: „Herr, Sie müssen Ihren Taback zurücknehmen und mir mein Geld wiever geben, Sie haben ihn so angepriescn, und die Leute dadurch betrogen, er stinkt ja." Ganz phlegmatisch erwiederte der Verkäufer: „Ich gebe kein Geld zurück, ich habe Niemanden betrogen, ich habe nur darauf gefetzt: dieser Taback lobt sich selbst, und jeder Mensch weiß, daß Eigenlob stinkt. Die erklekli.he Strafe. Ein Mann kn Paris war wegen eines Versehens zu einer Strafe verurtheilt worden. Er ging mit seinem Weibe zu dem Kanzler Sil- lery, um von denselben eine Milderung seiner Strafe zu erbitten; kaum aber hatte er sein Anliegen vorgebracht, als ihn sein Weib unterbrach, und den Kanzler, statt ihn gute Worte zu geben, in den heftigsten Ausdrücken der Ungerechtigkeit und Härte beschuldigte. Kaltblütig hielt dev Kanzler den ersten Anfall dieser Weiberzunge aus; dann fragte er den Mann, ob dieß sein Weib sey? er bejahte es. „Nun in Rücksicht dieses Umstandes, (sagte der Kanzler) will ich Euch dießmal die Strafe erlassen. Ihr seyd schon gestraft genug." Alexander I. Kaiser v on Rußland. Bei dem Austritte aus der Kirche bemerkte einst Alexander der Kaiser von Rußland einen alten Deutschen, der durch die religiöse Feierlichkeit in tiefes Nachdenken versenkt worden und der nun gerade in dem Augenblicke, als der Monarch bloß einige Schritte von ihm war, mit der höchsten Rührung ausrief: „Gott erhalte unfern Kaiser!" Freundlich trat Alexander auf ihn zu, gab ihm die Hand und sagte: „Das kommt aus dem Herzen, ich bedanke mich." Herzhaftigkeit einer Frau. Ein englischer Os- fizier fuhr mit einer Dame von Deptford nach London und wurde unter,vegs von einem Räuber zu Pferde angehalten, der zwar mit Vorhalten einer Pistole Geld forderte, aber nichts von den entsetzlichen Flüchen hören ließ, deren sich gewöhnlich Räuber bedienen, um Andere zu erschrecken, sondern sein Verlangen vielmehr durch sanfte und höfliche Worte äußerte. Der Offizier und die Dame gaben ihm ihr Geld; und der Erste gab ihm auch noch seine Uhr. Die Dame wurde ohnmächtig und der Räuber zog sogleich ein Riechfläschchen aus der Tasche und reichte es ihr mit den Worten: fürchten Sie sich nicht; die Person, die mit Ihnen spricht, ist Ihres Geschlechts, worauf sie dem Pferde die Sporen gab und davon ritt. Den Tag darauf wurde die Dame wieder von einer guten Freundin zu Gaste geladen,