Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1832
Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1832 - Zweite Abtheilung - Mannigfaltigkeiten
69 Der Wein kenner. Ein Schmarozer befand sich an der Tafel eines englischen Lords. Dieser Herr ließ nach dem Ende der Mahlzeit, eine sehr kleine Flasche Wein auftragen , dessen treffliche Qualität und Alter man rühmen sollte. »Was halten Sie davon?« fragte diesen der Lord. »Er ist sehr klein für sein Alter!« Der Bock ohne Hörner. Einem Bauer, welcher einen jungen Bock ans den Markt nach Wien führte, begegneten zwei jungen Damen auf der Straße dahin. Die eine davon fragte: Was ist doch das für ein wunderlicher Bock, er hat ja keine Hörner? Der naive Landmann antwortete ihnen: Warten Sie nur meine schöne Damen! bis er in die Stadt kommt, da wird er bald welche erhalten. Dorzugsstreit. Bei einer Leichenprocession stritten sich ein Jurist und ein Medicus um den Vorrang, und der Streit wurde zu Gunsten des Juristen verglichen. »Das ist auch nicht mehr als billig, sagte einer von den Begleitern, denn als neulich die Obrigkeit einen Nebelthäter zum Strange verurtheilt hatte, ging der, der das Geld genommen hatte, auch vorne, nnd der, welcher das Leben zu nehmen pflegt, folgte nach.« MerkwürdigeGen ü g t h u u n g. In einem G »richts- hofe, wo rs ziemlich tnmnltuarisch zuging, rief einst einer der Richter dem Gerichsdiener zu: »Gerichtsdiener, befehlt den Zuhörern ruhig zu seyn; man macht ja einen entsetzlichen Lärmen-hier; schon vier Sachen haben wir heute hier abgeurtheilt, ohne ein Wort davon verstandet' zu haben!« Die böse Frau. Eine junge höchst böse Frau war von ihrem Manne handgreiflich gezüchtiget worden. Sie eilte zu ihrem Vater und beklagte sich. Dieser aber kannte den häßlichen Charakter seiner Tochter recht wohl nnd gab ihr auch ein paar Ohrfeigen mit folgenden Worten: »Jetzt gehe zurück zu deinem Manne und sage ihm, daß wenn er in Zukunft-meine Tvchter wieder schlage, ich seine Frau prügeln würde.« Doppelte Trauer. Herr L. in S. ging im Sommer 1811 mit zwei über einander gezogenen schwarzen Röcken in den Anlagen der Stadt spazieren. Ein Freund begegnete ihm nnd rief ans: »Mein Gott, lieber L., zwei Röcke, in dieser Hitze!« — »Das Unglück verfolgt mich,« antwortete L. mit betrübter Miene, »vorgestern stirbt mir ein Onkel, nnd gestern muß mir schon wieder eine Tante sterben; daher die doppelte Trauer.« Der Laterne Dieb. Ein Dieb wolltc'an einem schönen Winterabende eine Laterne stehlen. Als er eben hinaufkletterte , um die Laterne auszuhcben, sah ihn der Wächter. »Was wollt ihr da machen? fragte ihn derselbe. »Ich putze mir nur das Licht, mein Freund, damit ich sehen kann, wenn ich vorbeigehe, weil er es nicht thnt.« Vorzug d e s w e i b l i ch e n G esch te ch ts. »Es ist doch eine feine Natureinrichtung daß die Mädchen weit eher als die Knaben an Leib und Geist reifen, ein wirklicher Vorzug für unser Geschlecht,«^ sagte die gnädige Frau v. R. »Ei Gott bewahre,« entgegnete der Herr Bruder, der nie hinterm Berge hielt: »darauf bilde dir nichts ein. Der Waizen gedeiht allmählig, das Unkraut aber geht schnell auf und schießt in die Höhe, ehe man es vermuthet.« Der Saloppe. Ein junger Edelmann kam von Reisen zurück. Er hatte seiner Schwester versprochen, ihr von Wien etwas neumodisches mitzubringen. Sie erinnerte ihn daher sogleich, nach dem Empfangscomplimenten an sein Versprechen. Ja, Schwester, sagte der Bruder, ich habe dir eine rothsammtne Saloppe mit Gvlv besetzt mit- gcbracht, sie liegt oben in meinem Koffer, nach dem Essen packe ich aus, und dann sollst du sie haben. Es waren viele Fremde gebeten, die Zurückknnft des Junkers mrtzufeyern. Das Fräulein wollte daher der Gesellschaft ihren neuen Staat bewundern lassen. Sie ging unter Tische zu ihres Bruders Koffer, und fand obenauf seine rothe Schabracke liegen. In der Meinung dieß sey die Saloppe, hing sie dieselbe um, steckte die Hände in die Pistolenhalfter, und zeigte sich in selbiger den Gästen, mit diesen Worten: »Meine Herren und Damen, wie steht mir denn meine neue Saloppe?« Der verunglückte Kaufmann. Ein durch mehrere Jahre verunglückter Kaufmann war unter andern auch einem Inden noch eine bedeutende Summe schuldig, und wurde von diesem fast täglich aufs drückendste gemahnt, ungeachtet er kaum noch so viel hatte, daß er die nöthig- sten Lebensbedürfnisse für sich und seine Familie anschaffen konnte. Einst sagte er daher dem Juden höchst aufgebracht: »Herr, lassen Sie mich um g e sch v r e n, oder ich werfe Sie'zur Thür hinaus!« — Nun, antwortete der Jude, was ist da viel zu s ch e e r e n, w v keine Wolle m e hr ist; man sieht ja mitunter blos mal zu, vb wieder ein, Härchen hervorwächst! — Danksagung einer Künstlerin. Eine junge, schöne Künstlerin wurde in der Rolle der »Sena« in Sa- lvmons Urtheil gerufen. Sie dankte sehr naiv in folgenden Worten: »Satomvns Urtheil war gerecht und weise, aber das Ihrige ist noch weit gerechter.« Das Horn. Kurz vor dem Thore eines Land- städtchens zerbrach ich das Mundstück meiner Pfeife. Ich ließ beim Durchfahren an der Thüre eines Drechslers hatten , den Verlust zu ersetzen. Fünf Groschen sollte das neue kosten. »Gehts nicht für vier?« — »Nein« erwiederte die Frau im Laden: »es ist von meines Mannes bestem Horné!« — Trost. Wie schön ist's, wie belohnend, abzuwischen Die Thräne, die des Dulders Aug entstürzt! Wie süß, die nnsrige der seinen beizumischen, Jndeß die Hand den Trost mit Hülfe würzt. Löbens würdiger Geiz. Geizige find' ich so oft, sie schändet ein häßliches Laster. Schön, aber seltener ist: echter Geiz mit der Zeit.