Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1832
Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1832 - Zweite Abtheilung - Mannigfaltigkeiten
67 Der Advokat. Ein Richter fragte einst einen Advokaten sehr unwillig, warum er fo oft ungerechte und schlechte Sachen vertherdigc? »Ach!« antwortete der Advokat, »ich habe so viel gute Sachen schon bei Ihnen verloren, daß ich nicht mehr weiß, was für welche ich annehmen soll.« Leibnitz und die Fliege. Lcibnitz tödtete nie eine Fliege, und sagte: »Man thue Unrecht, eine so künstliche Maschine zu dcstruiren.« Der beste Gruß. Anstatt unsrer gewöhnlichen Höflichkeits-Komplimente und Begrüßungen beim Begegnen Anderer, sagten die Bewohner des alten Frieslandcs, wenn ein Bürger den andern traf: »Gesundheit sey mit dir, edler Herr! der du frei bist.« Die Börsen-Nachricht. Ern Herr 23*** war mit der Zeit so ungläubig in der Politik, Literatur n. s. n>. geworden, daß er Alles für Börsen-Nachricht erklärte. Eines Tages erzählte man ihm, daß jetzt der Komet mit bloßen Angen zn sehen sey. — »Ei," meinte er, »gewiß wieder eine Börsen-Nachricht.« N a ch d r u ck. Es rühmte sich einst ein Schriftsteller, der ein schlechtes Mvdeprodukt zu Tage gefördert hatte, sein Werk sey uachgedruckt worden. »Ha, Diebe vergreisen sich auch zuweilen;« entgegnete ein Spottvogel. D i e Auflagen. Ein Auctor, der durch mancherlei Mittel und Bestechungen seine Machwerke in allen Zeitungen und Zeitschriften toben ließ, sagte unlängst, als er von seinem Meisterwerk sprach: »Homer hat allerdings das vor mir voraus, daß er dreitausend Jahre früher lebte, als ich; aber dafür hat seine Jliade doch gewiß nicht bei seinen Lebzeiten fünf Auflagen erlebt, wie mein Heldengedicht.« Galanterie eines Türken. In einem Gespräch mit dem türkischen Gesandten, äußerte die Gräfin Z... ihr Mißfallen darüber, daß es den Muhamedanern erlaubt sey, mehr als eine Frau zu haben. »Meine Gnädige!« erwiederte der Türke, »das Gesetz erlaubt dies, damit man in Mehreren alle die Eigenschaften finden kann, die in Ihnen allein vereinigt sind.« F a m i l i e n n a ch r i ch t. Zur Erbauung manches geplagten Ehemannes mag hier die schon einmal in einer beliebten Zeitschrift vor mehreren Jahren aufg-envmmcue >Familiennachricht« ihren Platz finden: »Heut' starb mein Weibchen Adelheid, Geborne Eitelstreit; Die Sel'ge hat nun ausgestritten. Und ich — ich habe ausgelitten. Drum, Freunde! jede Kondolenz Wär' hier Impertinenz.« Die vier Temperamente. In einer Gesellschaft, wo viel über die verschiedenen Temperamente des Menschen gesprochen wurde, und jeder sich bemühte, sein ihm inwohnendes Temperament darzustetlcn, sagte der Dr. L.... s: »Gewissermaßen hat jeder Mensch alle vier Temperamente in sich; gegen die Freunde wendet er die sanguinische Seite, gegen die iAngehörigen und Untergebenen die cholerische; gegen seine Obern die pfleg- matische; und gegen sich selbst die melancholische.« Die erste Nachtigall. Wir gingen durch den Frühlingshain In wonnevollem Schweigen, Thautrvpsen hingen, demantrein, 21 n Blumen und an Zweigen. Der Flikder strömte Balfamhauch In leichtbewölkts Lüfte, Es wogt' und wankte Baum und Strauch Voll Blüthen und voll Düfte. Wir standen an des Hügels Rand, Versenkt in sel'ges Schauen, Tief unten floß des Stromes Band Durch morgenhcüe Auen. Dein 2luge flog dem Himmel zu Und dann zu mir herüber. Und niemand war, als ich und Du, ' Und Gottes Ang' darüber. ■ Da flötete die Nachtigall Aus schattigen Gehägen, Sie flötete mit süßem Schall Dett ersten Frühlingsfegen. Wi r sah'n uns an, den feuchten Strahl Der Wonne in den Blicken, Wir sah'n uns an wohl hundertmal Mit kindlichem Entzücken. Go tt war in uns, und wir in ihm. Das stand im Aug' geschrieben, Als Kinder standen wir vor ihm In schuldlos reinem Lieben. — O süßes, hehres Morgenlicht l O Stunde sel'ger Freuden! Wi r sahen Gottes Angesicht, Und können ruhig scheiden! Grausamkeit. Mahmud, König vvn Fambaye in Afrika ^ stürzte auf der Jagd mit dem Pferde, blieb mit dem Fuße im Bügel hängen, und wurde geschleift. Eine seiner Frauen eilte herbei, trennte mit einem Säbelhiebe den Riemen des Bügels, und errettete den König. Mahmud ließ sie zum Dank dafür hinrichten, indem er sagte: »Wer die Kühnheit hat, mir so das Leben zu retten, dem traue ich auch den Muth zu, es mir zu nehmen.»