Folia archeologica 43.
István Dienes: Honfoglalás kori rovásfelirat a Kalocsa környéki Homokmégy-Halom temetőjéből (Előzetes jelentés)
VERSUCH ZUR LÖSUNG DER KERBINSCHRIFT 187 mit gewissen Vorbehaltungen auch so gelesen werden: „qaYan'imqa", also ,meinem Khagan', falls dieser Textabschnitt auf irgendeinem weniger geregelten, z. B. aus der Jenissei-, oder Altaigegend stammenden Denkmal der innerasiatischen Kerbschrift vorkommen würde. Die Spiegelform des Zeichens /] „q",das- h —ist aus zahlreichen Inschriften der Jenisseigegend bekannt und die Tatsache, daß das benachbarte Zeichen, das velare Y die Möglichkeit ausschließt, daß es sich um das dem betreffenden Zeichen nahestehende, jedoch in palatalem Milieu gebrauchte Zeichen h handeln würde. Der unregelmäßige Gebrauch des Zeichens i statt des üblichen ) («') (dieses letztere ist im Wort „qayan" regelmäßig) kommt auf den Inschriften der Jenisseigegend vor Appendizes nicht selten vor. Die obige Hypothese scheint vielleicht allzu wagemutig zu sein, jedoch ist heute noch für die Lösungsversuche der osteuropäischen Kerbschriftensysteme im allgemeinen die Unsicherheit der Voraussetzungen charakteristisch. Das archaische türkische Schriftsystem wurde offenkundig mit Hilfe der sogdischen Schrift reformiert. Dieses reformierte System wurde im Laufe der Entwicklung der Staatlichkeit zur amtlichen Schrift der innerasiatischen Türken (vgl. das Schriftsystem der Orhon-Jenisseigegend). Die archaische Grundform wurde aber von den protobulgarischen, T'ieh-lê genannten Stämmen in westliche Richtung bis zur Volga-Dongegend verbreitet, wo diese Schreibart in — auf verschiedenen Stufen - entwickelten Formen weiterlebte. Zur Entstehungszeit des bulgarisch-chasarischen Staates nahm die uralte Schriftform im Westen eine neue Entwicklung, jedoch in einer anderen Richtung, als die Schrift von Orhon-Jenissei. Diese Entwicklung widerspiegelt bei den verschiedenen türksprachigen Stämmen verschiedenartig die Traditionen des gentilen Symbolsystems, die Verbreitung der Schriftlichkeit, die örtlichen historischen und kulturellen Eigenartigkeiten und die Auswirkung der Schriftzeichen anderer Sprachen. Alldies veranlaßte zahlreiche Modifikationen, jedoch dürfte bei einzelnen Volksgruppen - in der Form sakral-gentiler Traditionen — die archaische Variante der innerasiatischen Schriftform auch konserviert haben. Innerhalb der osteuropäischen Kerbschrift unterscheiden die Forscher einige örtliche Varianten. Die an den Knochenbelag der Bogenschützentasche eingekerbte Inschrift aus der Umgebung von Kalocsa können wir zu den frühen Varianten der osteuropäischen Kerbschrift reihen. Vom Gesichtspunkt der Schreibform gleicht sie am meisten den Inschriften der türksprachigen protobulgarischen Stämme. Die Vorfahren dieser Stämme gehörten einst zum Stammbündnis T'ieh-lê, lebten später dann im Verband des Chasarischen Khaganats und drangen aus dem Nord-Kaukasus bis in die Untere Donaugegend vor. Der Besitzer des Köchers war gewiß das Mitglied irgendeines - die westtürkische Sprache sprechenden - chasarischen Stammes. Der berittene Bogenschütze diente vermutlicherweise als Söldner im ungarischen Stammbündnis, dessen Fürst er als einen ,Khagan' betrachtet haben dürfte. Im Laufe seiner Dienste erwarb er sich Schätzung. Die Inschrift läßt sich mit größter Wahrscheinlichkeit nicht früher als auf die Jahre 890 n. Chr. datieren und mit irgendeiner der türkisch-chasarischen ethnischen Gruppe - z.B. mit den Chabaren - in Zusammenhang bringen, die zu dieser Zeit mit dem ungarischen Stammbündnis gemeinsam in das Karpatenbecken eingedrungen sind.