Folia archeologica 37.
Sándor Soproni: Marinianus Ursicinus magister
186 SÁNDOR SOPRONI der ursprünglichen Bedeutung im Gegensatz zu dem für den Militärdienst gebrauchten eqvvs, das Reitpferd in der Volkssprache das zur schwereren Arbeit benutzte Pferd, im allgemeinen das Zugpferd bedeutete." In der Spätzeit — und unser Ziegel, wie wir sehen werden, stammt aus dieser Zeit — wurde diese Form der Volkssprache ziemlich allgemein. Hierauf verweist auch die Tatsache, daß in die neulateinischen Sprachen im allgemeinen diese Form übergegangen ist. Im militärischen Sprachgebrauch blieb aber auch in der Spätzeit der Gebrauch des Wortes eqvvs allgemein, dies zeigen im Namen der Formationen der eqvites 1 und der zur Zeit des Constantinus organisierten 8 cvnevs eqvitvmferner auch noch der Rang des magister eqvitvm an. In unserem Falle wünschte der Gebrauch des Wortes caballvm vermutlich die Reitkenntnisse des Befehlshabers, des Ursicinus magister oder im Zusammenhang damit seine Figur in ironischer Form auszudrücken. Der Einritzer der Inschrift stellte mit dieser, auch als Karikatur auffaßbaren Zeichnung und mit dem ironischen Text seinen Befehlshaber an den Pranger. Viel bedeutender aber als das oben Gesagte sind das Vorkommen des vollen Namens des in der Inschrift lesbaren Magisters Marinianus Ursicinus sowie die chronologischen und prosopographischen Probleme im Zusammenhang mit seiner Person. Bei der Erschließung kamen mehrere Dutzend Stempelziegel zum Vorschein, 1 0 die ohne Ausnahme den Stempel TEMP VRS tragen und alle ein und denselben Typ vertreten. 1 1 (Abb. 4 —5). Dieser Stempeltyp ist uns auch aus anderen Wachttürmen des pannonischen Limesabschnittes bekannt. 1 2 In unserem Falle ist ein sehr wichtiger Umstand, daß im nahen Wachtturm von VisegrádSteinbruch derselbe Typ in größerer Zahl geborgen wurde 1 3 (Abb. 5, 5—6). Auf Grund der inschriftlichen Bautafel wurde der Wachtturm im Jahre 372 erbaut. 14 Die Bauinschrift des Wachtturmes von Esztergom 1 5 sowie die von Visegrád beweisen, daß die Wachttürme des Limesabschnittes 371 — 372 errichtet wurden 16 und zu dieser Zeit dürfte auch der Wachtturm Nr. 2 von Pilismarót-Dunamelléke dűlő (Flur an der Donau) gebaut worden sein, was außer den Stempelziegeln auch das übrige, verhältnismäßig geringe Fundmaterial bestätigt. Die zwei Bauinschriften geben zugleich auch die Herstellungszeit der Stempelziegel von Typ TEMP VRS, den Anfang der Jahre 370 an. Der auf dem Ziegel von Pilismarót vorkommende Marinianus Ursicinus ist offenbar mit dem auf den Ziegelstempeln bezeichneten Vrs(icinus) identisch, was auch ihr gemeinsames Vorkommen beweist. Die ironische Inschrift ist auf den Befehlshaber der Ziegelei abgezielt, der auf dem Stempel mit der Abkürzung c Thesaurus Linguae Latinae III. (Lipsiae 1906-12) sp. 3 — 4 und V.fasc.l. (Lipsiae 1931) sp. 717. 7 Notifia Dignitatum passim. я Hoffmann 1970, I. 176- 177; 211, 248, 253. Vgl noch v. Bercbem 1952, 95-99. 9 z. В. Notitia Dignitatum осс. XXXII 22-27; XXXIII 24-28; XXXIV 14-15 usw. 1 0 Zu den 1966 zum Vorschein gekommenen Ziegeln: Soproni 1978, 33., und Taf. 12, 1-9. 1 1 Szilágyi 1933, Taf. VIII. Typ 9. 1 2 Soproni 1978, 103 Anm. 228 mit weiterer Literatur. 1 3 Soproni 1978, 54; Taf. 59, 1 -10 und 60,1 - 13. 1 4 RIU 804. 1 5 RIU 771 = CIL III 3653 = ILS 775. 1 6 Soproni 1969, 74-75; Ders., 1978, 201-202.