Folia archeologica 25.

József Korek: Archäologische Forschungsberichte aus dem Bereich der zweiten Theiß-Staustufe

ZWEITE THEIß-STAUSTUFE 259 schaft gelangt sind. 3 6 Das Glastrinkhorn (Rhyton) ist in unserem Lande alleinstehend; ähn­liche, aus Edelmetall gefertigte Stücke sind in der Fürstengräbern der Periode zu finden. Auf dem Gelände des awarischen Gräberfeldes von Tiszafüred-Majoros wurde von É. Garam auf einer Fläche von 12.400 m 2 eine vollständige Freilegung durchgeführt. Mit den von Zs. Csalog im Jahre 1964 bei einer Notausgrabung erschlossenen 5 Gräbern zusammen, ist dieses Gräberfeld mit seiner Gesamtgräberzahl von 1283 zugleich auch das größte, einzige, völlig freigelegte solche Gräberfeld des Mittel-Donaubeckens, dessen Gräber von der neuzeit­lichen Störung nicht gelitten haben, und wo auch die Zahl der zeitgenössischen Störungen verschwindend gering ist. Den Wert des Gräberfeldes steigert auch noch das anthropologische Material, das gleichfalls völlig und in seiner Mehrheit gut erhalten ist. Die vollständige Er­schließung und das Vorhandensein des anthropologischen Materials bietet mit dem reichen Fundmater'al zusammen die Möglichkeit, um ohne Hypothesen vielseitige gesellschaftliche, soziologische Untersuchungen sowie das Studium der ethnischen Zusammensetzung einer mehr als 200 Personen, also einer über große Seelenzahl verfügenden Gemeinschaft, die sich etwa 150 Jahre lang (von dem letzten Drittel des 7. bis zu Beginn des 9. Jahrhunderts) in diesem Gräberfeld bestatten ließ, durchführen zu können. Das Gräberfeld ist einschichtig, nur einige Gräber decken sich als Folge nicht umsich­tiger Bestattung. Die Spuren des das Gräberfeld umgebenden Grabens gelang es nur an der SW- und NO-Seite auf einem mehr als 10 m langen Abschnitt zu finden. Unter dem mittleren Teil des Gräberfeldes lag ein mittelbronzezeitliches Gräberfeld mit Skelettgräbern; teilweise hier, teilweise unter dem in NW-Richtung verlaufenden Abschnitt kam ein spätbronzezeit­liches Urnengräberfeld (siehe oben) zum Vorschein. Am Rande des awarischen Gräberfeldes standen árpádenzeitliche Häuser, Feuerstellen, freie Öfen, die die awarischen Gräber stellen­weise überdeckt bzw. durchschnitten haben. Das Gräberfeld ist in lockeren Reihen, innerhalb dieser in trennbaren Gräbergruppen angelegt. In der Mitte je einer Gruppe lag ein mit seinen Waffen und seinem beschirrten Pferde zusammen begrabener Krieger, der — nach der Annahme von É. Garam — das Oberhaupt der Gruppe oder der Großfamilie gewesen sein konnte. Um ihn herum lagen die Gräber von Frauen, und von weniger vornehmen Männern und Kindern. Die Reiterbestattungen sind alle abgesondert, ihre Zahl beträgt 70. Von diesen ragt das Grab Nr. 196 hervor, wo die authen­tisch freigelegten, zum Sattel gehörenden Knochenplatten zur Rekonstruierung der awaren­zeitlichen Sattelform neuere Angaben geliefert haben. Was von Gy. László nur aufgrund von Analogien zu lösen war, darüber ermöglicht dieser Fund eine sichere Rekonstruktion. 3 7 É. Garam datiert den Fund aufgrund der Trense, des Zaumes und des kurzen geraden Schwertes ohne Parierstange auf die Mitte des 7. Jahrhunderts. Sie hat auch im Denkmalmaterial der Männer- und Frauengräber zwei größere Gruppen abgesondert. Die eine Gruppe gehört zu dem bereits erwähnten Kreis von Tótipuszta-Dunapentele-Igar. Der überwiegende Teil des Fundmaterials ist hingegen mit den gegossenen Greif- und Rankenverzierungen schon eine charakteristische Überlieferung des Awarentums des 8. Jahrhunderts. Den Wert des Gräber­feldes steigert noch, daß im bisherigen awarenzeitlichen Denkmalmaterial unbekannte, neuere Fundtypen und -komplexe zu finden sind. Von diesen heben sich die im awarischen Denkmal­material nur selten vorkommenden, durchbrochenen Bronzescheiben hervor, von denen bei­nahe 300 Stücke gefunden wurden. In ihren Verzierungen erscheinen geometrische, stilisierte, pflanzliche, zoo- oder anthropomorphe Formen. Diese Scheiben haben die weiblichen Taschen verziert und ihre Parallelen sucht die Ausgräber in unter dem im Vorraum des Schwarzen Meeres vorkommenden spätalanischen archäologischen Material. Zu den Eigenartigkeiten des Gräberfeldes gehört das völlige Fehlen der Speise- und Getränkbeigabe; im ganzen Gräberfeld wurden insgesamt zwei gelbe Henkelgefäße gefunden. Die über eine große Seelenzahl verfügende, etwa 200—250 Mitglieder zählende und schwer bewaffnete Volksgruppe dürfte nach Annahme des Ausgräbers die hier gewesene Ubergangs­stelle an der Theiß verteidegt haben. Die in diesem Gelände erschlossenen 14 landnahmezeitlichen Gräber 3 8 (Ároktő-Dongó­halom) sowie die archivarischen Angaben haben angedeutet, daß man hier eine ganze Reihe uralter árpádenzeitlicher und mittelalterlicher Siedlungen antreffen könnte. Die Geländebege­3 C Garam, É., Acta Arch. Hung. 25(1973) 279-288. 3 7 Dies., Arch. Ért. 96(1969) 83—89. 3 8 К. Végh, К., Ároktő. RF 1:20(1966) 7.; Dies., HOMÉ 9(1970) 95. 17*

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