Folia archeologica 15.

László Vértes: Retoucheure im ungarischen Jungpaläolithikum

RETOUCHEURE IM UNG. JUNGPALÄOLITHIKUM 11 Untersuchung von viel mehr Retoucheuren und nach ausgeführten Experimenten in beruhigender Weise beantwortet werden. B. Besteht wohl ein Zusammenhang zwischen der Form der Retoucheure und den altsteinzeitlichen Kulturen? In den Veröffentlichungen über die Altsteinzeit gehen die Verfasser in der Regel nicht besonders auf die Rolle und Eigenart der Retoucheure ein. Ein flüchtiger Überblick der Altsteinzeit-Literatur zeigt aber bereits, daß in fast allen jungpaläolithischen Kulturen solche aus Stein oder Knochen verfertigte Retou­cheure vorkommen, auf denen — unabhängig von ihrer Form — auf beiden Enden die von Schlägen stammenden Gruppen oberflächlicher Verletzungen zu sehen sind. Die verhältnismäßig häufig gefundenen Knochenambosse des Mou­stériens hingegen führen die übliche verletzte Arbeitsfläche lediglich auf dem einen Ende. Aus dem jungpaläolitischen Material berufen wir uns nur beispielweise auf die Knochenambosse des französischen Solutréen aus der Laugerie Haute? auf den länglichen Knochen-,, Compresseur" des Perigordien V aus La F erras sie* oder auf die aus demselben Fundort stammenden, dem Aurignacien III zugehö­renden „Compresseurs" aus Kiesel. Ein Serpentin-Geschiebe ist das Material der ebenfalls an beiden Enden benutzten „Schlagsteine" aus Willendorf III, 9 während in der siebenten Schicht von Alolodova V aus Undefiniertem Gestein hergestellte Steinplatten auf dieselbe Weise zur Anwendung kamen. 1 0 Der im großen und ganzen viereckige flache Steinamboß aus Kostienki IV weicht von all diesen ab: die Arbeitsspuren sind hier in der Mitte 1 1 und er war in der Funktion offensicht­lich ein regelrechter Amboß. Die Knochenambosse aus Sjuren I gemahnen an die Moustérien-Ambosse, indem sie die Schlagspuren in der Mitte oder auf dem einen Ende führen. 1 2 Man kann also nicht immer mit Gewißheit erklären, ob ein Objekt ein Amboß oder ein Retoucheur war, selbst dann nicht, wenn man die allgemeine Werkzeugsherstellungs- und Abschlagstechnologie des Jungpaläolithikums vor Augen hält. An Hand des überblickten Materials ist auch keine Gesetzmäßigkeit in der Formgebung oder hinsichtlich des Rohmaterials erkennt­lich: das Rohmaterial der verschiedenen Stücke variiert vom härtesten Silex über den weicheren Serpentin und Schiefer bis zum Grauwacke-Geröll und Knochen. Bezüglich der Form sind im Jungpaläolithikum die länglichen, beiden Enden benutzten Retoucheure die geläufigen, was jene Version von Valoch untersützt, nach welcher man die Retoucheure in der Hand gehalten hatte. Den bisherigen Beobachtungen zufolge scheint der längliche, stabförmige Retoucheur des mährischen Magdaléniens ein umgrenztes Charakteristikum zu sein; es erscheint aber in derselben Form auch im Gravettien von Pilismarót, 7 Peyrony , D. etE., Laugerie Haute. Arch, de l'Inst. de Paléol. Humaine,Mém. 19 (1938) Fig. 26/5. 8 Peyrony, D., La Ferrassie. Préhistoire 3 (1934) Fig. 61 und 85. 9 Felgenhauer, F., Willendorf in der Wachau. Mitt. d. Prähist. Komm, österr. 8—9 (1956—1959). Abb. 36 7 und 44 12. 1 0Tscbernysch, O. P., Paleolititschna stojanka Moldova. V. (Kiew 1961) Abb. 20, 21, 27. 1 1 Rogatschew, A. N., Aleksandrowskoje poselenije drewnekamennogo weka i sela Kostenki na Donu. MIA 45 (Moskau 1955) Abb. 38. 1 2 Wekilowa, E. A., Stojanka Sjuren' I. MIA 59 (Moskau 1957) Abb. 26/12—13.

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