Folia archeologica 13.

A. T. Németh: Das älteste Typarium der philosophischen Fakultät der Wiener Universität

Das älteste Typarium der philosophischen Fakultät der Wiener Universität 139 mehr geradlinig komponierten Figuren erzielt der Meister hier bereits eine richtige Massen­wirkung. Das gleiche gilt im Fall der zweiten „Bergpredigt"-Szene des linken Altarflügels, freilich hat diese Szene durch sitzende Figuren eine noch weitere Be­reicherung erfahren. 3 5 (Abb. 37.) Besonders häufig finden wir Dar­stellungen ähnlicher Themen auf den großen Altarretabeln mit plastischem Dekor. 3 6 Sie kommen aber auch noch in verschiedensten anderen Zweigen der Kunst, so z. B. in der Elfenbeinschnitzerei, 37 in der Miniaturmalerei 3 8 und so­gar auch auf Textilien vor. 3 9 Wie man sieht, begegnet man dieser Art von Darstellungen auch in anderen Zweigen der bildenden Kunst, selbstverständlich mit jenen kom­positionellen Änderungen, die von der viereckige Form des Bildfeldes be­dingt sind. Der Meister unseres Typariums dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach der­artige Darstellungen wohl gekannt haben, war sich aber auch über die durch die kreisrunde Form gegebenen kompositioneilen Möglichkeiten im klaren. Da er selbst ein überaus anspruchsvoller Künstler war, beschränkte er sich nicht auf eine sklavische Nachahmung seiner Vorbilder. Wer der Meister des Siegels gewesen ist, können wir nicht mit Bestimmt­heit sagen. Wahrscheinlich dürfte aber auch dieses Stück, ähnlich dem ersten großen Siegel der Universität von der Hand des Siegelstechers Herzog Alberts III. stammen. Wir haben nunmehr die drei frühesten Siegel der Wiener Universität untersucht und glauben, daß unsere Arbeit nicht ganz zwecklos gewesen ist. Wir haben uns bemüht, nachzuweisen, daß das Typarium der philosophischen Fakultät der Wiener Universität aus den 60—70er Jahren des XIV. Jahr­hunderts stammt und daß sein ikonographischer Typus allgemein verbreitet war. Sein Stil fügt sich harmonisch in das allgemeine Bild der Siegelkunst jener Zeit und zeugt von der entwickelten Kompositionsbegabung und der anspruchs­vollen Kunst seines Meisters. ANNAMÁRIA T. NÉMETH 8 5 Ebenda. 3 e Die „Himmeifahrt"-Szene in der Kathedrale v. Oviedo, das Altarbild „Christus vor Pilatus" der Kirche S. Eustorgio in Milano, ferner die Szenen der Rundbilder eines gemalten florentinischen Altares aus dem XIV. Jahrhundert.; Braun, J., op. cit. II. 210, 232. Taf. 194. 3 7 Frankfurter Elfenbeindiptychon aus 1350; Falke, O., Pantheon 2(1933) 305—307. , 8 Bild des Herzogs Albert III. und der Repräsentanten der vier Fakultäten. Initiale. Asch­bach, /., op. cit. I. Taf. V. 1.; Me^ey L., op. cit. 3 9 S. die „Ölberg"-Szene aus einem aus 1358 stammenden Antependium des Historischen Museums zu Bern. Braun, ]., op. cit. II. Taf. 122.2. Abb. 38.

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