Folia archeologica 12.
S. Bökönyi: Zwei Trinkbecher aus Wisenthörnern
Zwei Trinkbecher aus Wisenthörnern 279 Umfang 290 mm (Dm: 90 mm 4 6) ist, während der äussere Umfang des zweiten (an der Innenseite der Einfassung gemessen) cca 285 mm beträgt. Die beiden Trinkhörner konnten nicht aus Hörnern hier erlegter Wisente stammen, da hier diese Art spätestens im 15. Jahrhundert ausstarb. 4 7 In Siebenbürgen lebten Wisente aber noch cca 300 Jahre, die Szalay als die letzten Wildwisente im strengsten Sinne des Wortes bezeichnet, da die von Bialowiezsa damals bereits in einem Wildpark zusammengedrängt waren. 4 8 Der letzte frei lebende Wisent wurde 1790 von einem Wilddieb am Kelemen-Schneegebirge erlegt 4 9 und das letzte Individuum der siebenbürgischen Wisente, Miska genannt, verendete im Zoologischen Garten von Wien im Jahre 1809. 5 0 Von den Wisenten Siebenbürgens gelangten ziemlich viele durch Handel nach Ungarn und Österreich, teils als Geschenke an Herrscher und andere Persönlichkeiten, teils in Tiergärten. So wurden z. B. aus dem Besitz der gräflichen Familie Teleki von Nagysajó (Sieul Mare) sogar noch im Jahre 1776 fünf eingefangene Wisentkälber geliefert und auch der berühmte Miska mag Ende der Achtziger jähre des 18. Jahrhunderts nach Wien gekommen sein. 5 1 Die hier beschriebenen Trinkhörner mögen aus Hörnern von siebenbürgischen Wisenten stammen, was noch durch die Tatsache unterstützt wird, dass das erste Stück aus Siebenbürgen stammt und die Einfassung siebenbürgische Goldschmiedearbeit ist. Es wäre jedenfalls interessant, die beiden Hörner mit denen des Skeletts von Miska zu vergleichen, das dann nach Paris gelangte. Die in diesem Aufsatz behandelten Trinkbecher aus Wisenthörnern, wenn sie auch nicht so interessante Beiträge über das Äussere dieses Tieres geliefert haben wie die aus Urhörnern über den Ur, da der europäische Wisent als Art noch lebt, so stellen sie doch wichtige Anhaltspunkte über die siebenbürgischkarpatenländische ausgestorbene geographische Rasse dieser seltenen Wildrindart dar. Mit ihrer Beschreibung wollten wir das Interesse der Kunsthistoriker und der Zoologen auf die sicher noch in ungarischen oder ausländischen Sammlungen befindlichen Wisenthörner lenken. Vom zoologischen Standpunkt wäre es von besonderem Interesse, wenn man durch ihre Bearbeitung die Frage der früheren Arten oder Unterarten des europäischen Wisents klären könnte. SÂNDOR BÖKÖNYI 4 6 Der Durchmesser des Hornes des in Schönbrunn 1809 verendeten letzten siebenbürgischen Wisents, des Miska, betrug bei der Basis 108 mm (Szalay В., Der letzte Wisent in Siebenbürgen. Verh. u. Mitt. d. Siebenbürg. Ver. f. Naturwiss. zu Hermannstadt. 66(1916) S. 16), also war es annähernd ebenso stark, da das Horn bei der Basis am stärksten ist. 4 7 Szalay А. В., Hundert irrige Wisentbelege. (Neudamm-Berlin 1938) S. 84. 4 8 Szalay В., Verh. u. Mitt. d. Siebenburg. Ver. f. Naturwiss. zu Hermannstadt. 66(1916) S. 2. 4 9 ebenda S. 30. 5 0 ebenda S. 14; Ders., Hundert irrige Wisentbelege. S. 88; Antonius, O., Über Schönbrunner Wisentzuchten. Ber. d. Internat. Ges. z. Erhaltg. d. Wisents. 2(1927) S. 155. 5 1 Szalay А. В., Hundert irrige Wisentbelege. S. 91.