Folia archeologica 10.
L. Vértes: Beiträge zur Abstammung des ungarischen Szeletien
8 L. Vértes aus den konkaven Abschlagflächen der bei den Faustkeilen üblichen Hiebe. Bei den Moustérienwerkzeugen der Kecskésgalyaer Höhle ist die Retuschierung der Oberfläche flach, schuppenartig, von demselben Charakter, wie die des ungarischen Szeletien. Es gibt unter ihnen Werkzeuge — so gewissermaßen die gekerbte Klinge und einzelne kratzerartige Formen — die wahrhaftig an das Aurignacien erinnern. Die Annahme, daß diese Werkzeuge nicht aus einer einheitlichen, homogenen Schicht zum Vorschein kamen, sondern aus vertikal untereinander liegenden Niveaus, scheint begründet zu sein. Doch kann die Lage nachträglich nicht mehr rekonstruiert werden. Die gesammelten Schichtenproben wurden analysiert, 1 3 im folgenden bringen wir zusammenfassend die Ergebnisse der Untersuchungen. 1 4 Dem hohen Lehmgehalt, den Schwermineralien und dem Kalkschutt zufolge ist die obere, gelbe Schicht kein Löß. Die hellbraune Schicht lagerte sich — dem vielen Kalkschutt, dem Verhältnis von Si0 2 zu A1 20 3 und allen anderen Angaben zufolge — bei humidem, interstadialem Klima ab. Die grünlichgraue Schicht entstand bei typisch feuchtem, doch kühlerem Klima, als die hellbraune Schicht; die rötlichbraune Schicht endlich lagerte sich — dem Mangel des Kalkschutts, der starken Korrosion des Kalksteines zufolge — am äußersten Ende des Interglazials, höchstens im einleitenden Abschnitt des W 1 ab. Nach jeder pleistozänen Schicht kann ein Abbrechen der Sedimentation wahrgenommen werden. Einzelne Teile der Ausfüllung mochten auch abgetragen worden sein. Wegen ihres interglazialen Charakters und der Höhlenbärenfauna repräsentiert die rötlichbraune Schicht das äußerste Ende des R/W Interglazials; die gelbe Schicht mit ebenfalls viel Höhlenbären und Tundrencharakter ist eine Ablagerung der einleitenden Phase des W 2. Die hellbraune Schicht mit interstadialem Charakter kann infolge der Megaloceros-Überreste nicht jünger als das W 1 /2 sein, doch schließt ihr Charakter auch ein höheres Alter aus. Am unsichersten stehen wir der grünlichgrauen Schicht gegenüber, die entweder aus dem Tundrenabschnitt des W 1, oder aus der „aktiv subtropischen Periode" des W 1 (eine dem Göttweiger unteren begrabenen Boden entsprechende Periode) stammt. 1 5 Einzelne Forscher nehmen zwar neuestens an, daß die obere Kulturschicht der Subalyuk-Höhle im W 1/2 Interstadial entstanden sei, 1 6 doch teilen wir auf Grund unserer eigenen Beobachtungen diesen Standpunkt nicht. 1 7 Das Ma1 3 Die mikromineralogischen Untersuchungen wurden von f AI. Herrmann im Rahmen ihrer Planarbeit verrichtet. Die chemischen und petrographischen Untersuchungen wurden z. T. als Lohnarbeit verrichtet, teils vom Verfasser selbst vorgenommen. 1 4 Eingehend beschrieben bei Vértes L., Untersuchungen an ungarischen Höhlensedimenten; der Verlauf der Würm Vereisung. Manuskript. 1 5 Stieber J. bestimmte ein Holzkohlenstückchen ohne nähere Bezeichnung aus der Höhle als Prunus cf. spinosus. Stieber J. A hazai felsőpleisztocénből származó faszénmaradványok anthrakotómiai vizsgálata, Kandidatursdissertation. S. 368. Mit der Genehmigung des Verfassers. 1 8 Gross, H., Die Umwelt des Neanderthalers, S. 68—105., in: Tackenberg, ¥., Der Neandertaler und seine Umwelt. 1 7 Vertes L., Die archäologischen Funde der Szelim-Höhe, Acta Arch., Hung, im Druck.