Folia archeologica 9.
János Kalmár: Armbrust-Pfeilspitzen als Rangabzeichen
15íi János Kalmár dürfen wir vielleicht schon auf das Ende clés XV. Jahrhunderts verweisen, nachdem der gravierte Rankenschmuck und die als Tüllenverzierung verwendete Minuskelreihe viel Ähnlichkeit mit der Zier auf dem vom Ende des XV. Jahrhunderts stammenden Sporne des ungarischen Königs Ludwig II. aufzuweisen haben. Länge 115 mm, Breite 20 mm. (XXVII. T. 1.) Die Pfeilspitze der Waffensammlung des Innsbrucker Ferdinandeums gehört zu einem Armbrustbolzen ; auch ihre Masse entsprechen dem Zwecke, sie ist um vieles kleiner als die Vorhergehenden und hat keine ausgebildete Tülle. Beide Blätter weisen auf dem rechten und linken Flügel zwischen graviertem Laubwerk eine „b" Minuskel auf. Die Pfeilspitze ist mit Ausnahme des Spitzenteiles vergoldet. Ende des XV. Jahrhunderts. Länge 70 mm, Breite 20 mm. (Abb. 31e.) Erörten wir nun die Frage, zu welchen Zwecke diese Pfeilspitzen, welche grösser als die gebräuchlichen, und folglich nicht als Geschosse zu verwenden waren — hergestellt wurden ? Warum ist ihre Oberfläche verziert ? Auf Grund des sich wiederholenden „S" Buchstabens denken wir hier an ein Kommandanten-Abzeichen der im XIV —XV. Jahrhundert insbesondere in Westeuropa weitverbreiteten St. Sebastianbrüderschaft der Bogenschützen. Der „b" Buchstabe des Innsbrucker Exemplares kann Bastien bedeuten; die Pfeilspitze konnte mit Leichtigkeit entweder aus der Schweiz, oder aus Frankreich nach Innsbruck gelangen, ganz abgesehen davon, dass auch im Deutschen die Abkürzung Bastian oder Bastei gebräuchlich ist. Eine ganze Reihe von Bildern steht zu unserer Verfügung, auf welchen die dargestellten Persönlichkeiten Pfeilspitzen als Würdezeichen in der Hand halten. Das Museum in Brüssel bewahrt ein Gemälde von der Hand Rogier van der Weydens welches einen Ritter vom Goldenen Vlies mit einem Pfeil in der Hand darstellt. A. J. Wauters Meinung nach haben wir hier Karl den Kühnen in seiner Eigenschaft als Schützenkönig der St. Sebastiangilde vor uns. 1 0 (XXVI. T. 1.) St. Sebastian war wie bekannt, der Schutzheilige der Bogenschützen. Geboren in Gallien, war er zur Zeit Kaiser Diokletians Kapitän der Prätorianer. Da er sich weigerte, den Götzen zu opfern, band man ihn nackt an einen Baum, worauf seine Gefährten ihn so lange mit Pfeilen beschossen, bis er bewusstlos zusammenbrach. Als er von seinen Wunden genesen war, wurde er erneut gefangen genommen und im Jahre 288 zu Tode gegeisselt. Seit dem XIV. Jahrhundert entstanden nacheinander die St. Sebastianbrüderschaften, Gilden, Schützengesellschaften, welche eigentlich zu dem Zwecke dienten, die Schützen auch in Friedenszeiten in der Übung zu halten. Auch in unserem Vaterlande spielten die Bogenschützen schon im XIV. Jahrhundert eine hervorragende Rolle. Damals stand schon die schwere Armbrust im Gebrauch ; die Kunst des Armbrustschiessens hatten unsere Schützen von den Engländern übernommen, welche in dieser Hinsicht damals bereits Weltruf genossen. Die berühmte Soldkompanie bestand zur Hälfte aus Engländern und Ungarn ; ihr Erster Hauptmann war der Engländer Hugo Mor1 0 Les chefs d'oeuvres d'art ancienne 1' exposition de la Toison d'or à Bruges en 1907. (Bruxelles 1908) S. 14. Le Chevalier à la Flèche No. 190.