Folia archeologica 9.
László Barkóczi: Die Naristen zur Zeit der Markomannenkriege
98 László Barkóczi Der Ausgangspunkt der Kriege unter Marcus war das Tal der March und der Waag, da die March nach dem Tschechischen Becken, die Waag nach der Slowakei ein gutes Aufzugsterrain sicherten. Valerius Maximinianus diente in den Castren in der Umgebung der Waag, als er mit den Naristen in Berührung kam. Es ist also anzunehmen, dass dieser Stamm zu dieser Zeit im nordwestlichen Teil der Slowakei gelebt hat. Es ist leicht möglich, dass ihr ursprünglicher Wohnort das Tschechische Becken war, und dass sie bloss im Laufe der Kriege von dort weiter verschoben wurden, doch ist auch anzunehmen, dass sie schon zu Zeiten des Tacitus in der nordwestlichen Slowakei lebten, denn die Entfernung von dort bis zum Quellgebiet der Elbe ist nicht gross. Dies sind jedoch nur Hypothesen, zu deren Beweis noch viel archäologischer Arbeit nötig ist. Auch der Grabstein des M. Naevius Primigenius, eines Libertus domo Naristus, 4 7 deutet darauf hin, dass die Naristen bereits im 1. Jh. in der Nähe Pannoniens wohnten. Wir sind der Meinung, dass das Volk der Naristen schon während der grossen Kriege als bedeutendes Element zu betrachten ist. Aus dem cursus honorum des Valerius Maximianus ist zu ersehen, dass sie wenigsten zu dieser Zeit mit den Markomannen und Quaden fast ebenbürtige Feinde waren. Selbst Tacitus rühmt ihren Heldenmut. 4 8 Ihr Denkmalmaterial können wir vorläufig noch nicht bestimmen, doch da wir mit den Naristen als mit einem bedeutenden Stamm rechnen müssen, wird dies im Laufe weiterer Forschungsarbeit möglich sein. Nach Beningers Zusammenstellung ist das Denkmalmaterial der Quaden im Mittel — und Mündungsgebiet der March, Waag und Garam zu finden, 49 mit einem Wort, in der Kleinen Tiefebene. Nördlich von diesem Gebiet, längs des oberen Laufes der Waag und der Flüsse Arwa, Turtz, Popper und Tartscha finden wir in beträchtlicher Menge Denkmäler der Puchover Kultur. 5 0 Die Naristen könnten vielleicht mit einer Periode der Puchover Kultur (nördlich der Quaden) identifiziert werden. Dies ist jedoch nur eine Arbeitshypothese ; die Kultur selbst und ihre stratigraphischen Verhältnisse sind zur Zeit für die Zwecke einer Schlussfolgerung viel zu wenig bekannt. Eines jedoch steht fest : Laugaricio, als römischer Stützpunkt, liegt schon ausserhalb des von Quaden bewohnten Gebietes. Diese, am oberen Lauf der Waag gegründete römische Befestigung galt nichtmehr den Quaden, sondern dem Volke der Puchover Kultur. Nach Beninger setzt sich diese Kultur im 3. Jh. nicht mehr for, 5 1 und nach den Kriegen des Marcus hören wir auch nichts mehr über die Naristen in der Umgebung Pannoniens. Ihre Rolle im Westen währen des 5. und 8. Jährhunderts 5 2 mag eventuell darauf hindeuten, dass sie Ende des 2. Jahrhunderts das Karpathenbecken verliessen und längs des äusseren Randes der das Tschechische Becken umge4 7 CIL III 4500. 4 8 Tacitus, Germania 42. 4 9 Beninger, E., Die germanischen Bodenfunde in der Slowakei. (Leipzig 1937) S. 102—142. Taf. V. 5 0 Beninger, E., a.a.O. S. 59—101, Taf. III, IV. 5 1 a.a.O. S. 97. 6 2 Franke, A., a.a.O. Sp. 1718—1719.