Folia archeologica 8.

M. Herrmann — D. Jánossy — J. Stieber — L. Vértes: Ausgrabungen in der Petényi- und Pesko-Höhle (Bükk-Gebirge)

8 L. Vértes Dieses Werkzeug ist atypisch, aus der Form kann man auf die kulturelle Zuge­hörigkeit nicht besonders folgern (Abb. 3., 2). Ahnlich atypisch ist das Frag­ment einer groben Klinge mit dreieckigem Querschnitt, an der bloss Spuren einer rohen Bearbeitung zu finden sind, und welche ebenfalls unretouchiert ist. Das Material ist grauer Kalzedon, die Masse sind 27,5x16,5 mm (Abb. 3., 1). Ausser den hier beschriebenen fanden wir in der Schicht Hy 18 aty­pische, kleine Splitter und Fragmente. Das als epipaläolithisch bestimmte Fundmaterial — auf die Fragen der Chronologie werden wir noch zurückkehren — ist nicht geeignet, um an Hand typologischer Folgerungen näheres betreffs der Kultur zu bestimmen. Es gehört zweifelsohne jener Gruppe epipaläolithischer Funde an, welche z. B. zur Wottawa­Kultur gerechnet wurden, 9 oder welche Guider im österreichischen Fundmate­rial erwähnt, 1 0 wobei er bestimmt, dass sie annehmbarerweise Magdalénien und Gravettien Abkömmlinge sind. Typologisch mag die nächstliegende Analogie Sered (Slovakei) sein, 1 1 doch wollen wir betonen, dass dies einerseits ein Fundort unter freiem Himmel ist, anderseits, dass unter diesen Funden viel mehr charak­teristische Tardenoisien-Formen zu finden sind, dass wir also auch bei dieser Ähnlichkeit in erster Linie an Ähnlichkeit der Form und nicht an solche gene­tische Verbindungen denken, hinter welchen Verwandschaftsbande anzunehmen wären. Zusammenfassend, zählen wir unseren Fund zu jenen epipaläolithischen Funden der spätesten Eiszeit bzw. des frühesten Postglazials (ihr Klima ver­bindet die Alleröd-Schwankung viel eher mit dem Postglazial als mit dem Pleisto­zän), welche im Westen Fortsetzung des Magdalénien, im Osten des Gra­vettien, eventuell ein Abkömmling der Vermischung dieser beiden Kulturen sind. Ihr Alter ist in ganz Europa auf das Alleröd, ja sogar auf den Anfang des jüngeren Dryas zu versetzen. 1 2 Zu dieser Zeit indizieren die veränderten klimatischen Verhältnisse und die daraus folgenden faunistischen und floristischen Veränderungen eine im Vergleich zum Pleistozän veränderte Jagdmethode, wobei wir die bisdahin erreichten technischen und geistigen Resultate, das erreichte Niveau und die darauf basierten Bedürfnisse des Menschen als den äusseren Bedingungen des Milieus mindestens ebenbürtig halten müssen. Die auf die Bedürfnisse basierten Ansprüche mögen dann, bei gleichen Möglichkeiten, gleiche Erscheinungen produzierende materielle Kulturen hervorbringen. Infolgedessen kann es nämlich geschehen, dass nicht nur in Europa, sondern auch an der Südküste des Mittelmeeres „ . . . vollkommen unabhängig voneinander ein materielles Besitz­tum geschaffen werden kann, das rein formenkundlich betrachtet eine gene­tische Beziehung vortäuschen würde" 1 3 : Mikrolithkulturen können entstehen 9 Zebera, K., Stanoviste epipaleolitického clovëka u kremze v jiznich Cechách. Anthro­pozoikum 2 (1952) S. 225 — 232. 1 0 Guider, A., Beiträge zur Kenntniss des niederösterreichischen Mesolithikums. Arch. Austr. 12 (1953) S. 5-32. 1 1 Bárta, J., Paleoliticko-mezolitická stanicu na pleistocnej dune pri Seredi na Slovensku. AR 6 (1954) S. 577-584. 1 2 Vgl. Narr, K. J., Das rheinische Jungpaläolithikum, zugleich ein Beitrag zur Chrono­logie der späten Altsteinzeit Mittel- und Westeuropas. (Bonn 1955) S. 153. 1 3 Pittioni, R., Späteste Steinzeit und Lebensraum. Ein Beitrag zum Problem der pseudo­diskontinuierlichen Endomodifikation. Anz. d. ph.-hist. Klasse in Wien 25 (1951) S. 367 — 374.

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