Gyermeksorsok és gyermekvédelem Budapesten a Monarchia idején (Budapest, 1996)

Előszó

Die staatliche Kinderschutzpolitik, die in Ungarn seit der Jahrhundert­wende einsetzte, genoß europaweit hohes Ansehen. Beschränkt war und blieb das neue System nichtsdestotrotz, und in den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg geriet der staatliche Kinderschutz in eine tiefe Krise. Dies hing unverkennbar mit dem unerwartet raschen Anstieg der Zahl der sorge­bedürftigen und versorgten Kinder einerseits, wirtschaftlichen Problemen und insbesondere einer Welle von Arbeitslosigkeit anderseits zusammen. Einen dritten Schwerpunkt der Schau bildet schließlich die kommunale Sozialreformpolitik der Reformära unter Bürgermeister István Bárczy. Neue­rungen in der Säuglings- und Unehelichenfürsorge paarten sich allerdings gerade auf dem Boden der Hauptstadt zunehmend mit sicherheits- und krimi­nalpolitisch inspirierten Maßnahmen. Die Bilanz des Schicksals der Kinder in der hauptstädtischen Gesell­schaft der Jahrhundertwende bleibt in mehrfacher Hinsicht eine zwiespälti­ge: Einerseits eignete sich das sogenannte Kinderelend besonders für wohlmeinenden sozialpolitischen Aktionismus und beispielhafte Sozialge­setzgebung. Zugleich stand der Ausbau des Kinderschutzes insgesamt kei­nesfalls im Zentrum der Reformen und des ernsthaften Nachdenkens über die „soziale Frage". Zudem paarten sich vermehrte Hilfe und zunehmender Schutz für Kinder auch mit wachsender Kontrolle. Besonders gegen den Er­sten Weltkrieg zu verwandelte sich Kinderschutz nicht selten in Schutz der Gesellschaft vor den Kindern. Die Krise der großen staatlichen Versor­gungseinrichtungen schließlich ließ jenen Zusammenhang augenscheinlich hervortreten, der auch mit Blick auf heutige Entwicklungen in der Sozialpo­litik am bedenklichsten stimmen mag: Unter marktwirtschaftlichen Verhält­nissen schrumpfen Mittel und Bereitschaft der Sozialpolitik zur Unterstüt­zung der Schwächsten gerade dann zusammen, wenn ernsthafte wirtschaftli­che Probleme die Gruppe der Bedürftigen anwachsen lassen und die sozia­len Probleme sich zuspitzen. Die Ausstellung will von daher nicht nur die Aufmerksam- keit auf ein nahezu vergessenes Kapitel der Budapester Sozial­politik lenken. Das aufbereitete Material versteht sich auch als Beitrag zur Auseinandersetzung über die Zwänge und Möglichkeiten sozialer Politik. Seit der Gründung der Hauptstädtischen Ervin Szabó Bibliothek nach der Jahrhundertwende bildeten Fragen der städtischen Gesellschaftspolitik und ihrer wissenschaftlichen Grundlegung neben dem volksbildnerischen Aufga­benkreis und den bibliographischen Arbeiten einen der Schwerpunkte der Tätigkeit der Bibliothek und insbesondere ihrer Budapest-Sammlung. Mit unserer Austeilung und unserem Katalog, in dem wir auch eine Studie ab- drucken, die die Praxis des Kinderschutzes in Budapest und Wien, in den beiden Haupt- und Residenzstädten der Habsburgermonarchie vergleicht, möchten wir auch an diese Traditionen anschließen. 8

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