Victor Hornyánszky: Beiträge zur Geschishte evangelischer Gemeinden in Ungarn (Pest, 1867)

Vorwort

185 wendigen Religionsunterricht zu ertheilen bereit gewesen wäre und zwar in der Person des Kandidaten Gabriel Döbrentey, da aber die Gemeinde, so lange die Kirche nicht ausgebaut war, keine Lokalität zur Schule und zur Wohnung des Lehrers anweisen konnte, so wurde die Verwirklichung dieser Idee aus bessere lZeiten verschoben, die Geldkräfte aber sowohl des Kirchen- als auch des Schulfondes zum Bau der Kirche verwendet, mit der Bedingung, daß die Gemeinde, wenn sic mit dem Bau fertig sein wird, jene zum Bau verwendeten Stiftungskapitalien ersetzen und sie im Sinne der Stifter verwenden werde. Nachdem während des französischen Krieges und der in seiner Folge von Tag zu Tag zunehmenden Theuerung der Lebensmittel alle Hilfsquellen erschöpft waren und die Gemeinde schon beschlossen hatte, den Kirchenbau zu unterbrechen und auf glücklichere Zeiten zu verlegen: siehe, da stand ein gesinnungstüchtiger Mann auf: Johann Samuel Liedemann — und sprach am 5. März 1809 begeistert zu der zahlreich versammelten Gemeinde von der Nothwendigkeit die zur Vollendung des Baues und zur inneren Einrichtung der Kirche näthigen Summen auf­zubringen, wozu er in einer Obligation der Gemeinde E i n ta u se n d Gulden verschreiben wolle, der Art, daß er diese Summe in sünfvier- tcljährigen Raten abzuführen sich verpflichte. — Die Rede und das Bei­spiel begeisterte die ansehnliche Versammlung, so daß in derselben Sitzung sehr Diele sich auf dieselbe Art zu ansehnlichen Beiträgen verpflichteten. Diese hohe Begeisterung der Gemeinde bot einem thätigen Mit­glied der Gemeinde, dem seiner hohen Bildung wegen in allen Kreisen der Gesellschaft beliebten und geachteten Manne Ludwig von Schedius, den ein urtheilsfähiger Mann an seinem Grabe „den personifizirten Protestantismus in dem edelsten Sinne des Wortes" nannte — eine er­wünschte Gelegenheit, der Gemeinde vorzutragen, „daß die Schule dieser schön^durchdachte Plan der öffentlichen Erziehung mitgetheilt wurde, „so lange die Stellung der Hauptfaktoren der öffentlichen Erziehung so prekär ist wie bisher — und die Lehrer am Hungertuche nagen — während ihnen die schwierigste Aufgabe aufgebürdet ist, so gehört eine ans Unglaubliche gren zende Selbstverläugnung und Begeisterung von Seite der Lehrer dazu, die Zwecke der Schule im Sinne der gehobenen Nnterrichtskunde zu verfolgen. Bor Allem müsse man die Lehrer anständig besolden, wenn man gerechterweise an sie Forderungen stellen will Aus die Bemerkung eines Witzboldes, daß die Leh­rer darben müssen, wenn sie etwas thun sollen — gleich wie man die Falken durch den Hunger abrichtet — machte ein ansehnlicher Mann die Bemerkung, daß wir Pester als Mustcrgemeinde kein böses Beispiel den übrigen Gemeinden geben dürfen. Hierauf wurde ihm entgegnet: „Erkenntlich sein heißt seine Schuld abtragen und nicht ein schlechtes Beispiel geben." Können wir un­sere Lehrer nicht gehörig salairisiren, so bezeugen wir ihnen wenigstens unsere Achtung für ihr treues Mühewalten in ihrem schwierigen Geschäfte und be- bandeln wir sie als Ebenbürtige, die, während wir einen Theil unserer Geld­kräfte dem Gemeinwohl opfern, sich ganz der Bildung der zukünftigen Ge­meinde widmen."

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