Victor Hornyánszky: Beiträge zur Geschishte evangelischer Gemeinden in Ungarn (Pest, 1867)

Vorwort

170 ohne auf die Normalzahl der evangelischen Familien zu dringen — mit der Bedingung jedoch, daß die Kosten der Religionsübung von Adeligen und Honoratioren — ohne Belastung der Steuerpflichtigen — in soli- dum getragen werden sollen, und der frei zu erwählende PredigeiIver­bunden sei, die kranken Soldaten in den Spitälern mit den Tröstungen der Religion unentgeltlich zu versehen. Segnend den weisen und gütigen Monarchen traten die hiesigen Evangelischen zusammen und machten sich verbindlich, jährliche Beiträge zur Erhaltung der Gemeinde zu leisten. Auch die hiesigen Katholiken haben, von dem Geiste der christlichen Liebe durchdrungen, zur Errich­tung des Betsaales beigetragen, indem sie den Evangelischen den Ge­brauch einer Tragorgel unentgeltlich und unaufgefordert überließen. Nun war die erste Sorge des Vorstandes, die Berufung eines Seel- forgers. Die hiesigen Verhältnisse erheischten einen Mann, der mit wah­rer Bildung, auch die Kenntniß der drei Landessprachen verbinde. Denn obgleich alle damaligen Mitglieder dieser Gemeinde der deutschen Sprache mächtig waren, so waren doch unter dem Militär und im Jn- validenhause viele Evangelische, die außer ihrer Muttersprache, der slo- vakischen nämlich oder der ungarischen, keine andere Sprache verstanden — und doch war der hiesige Prediger verpflichtet, auch diesen die Trö­stungen der Religion zukommen zu lassen. — Ferner bei dem raschen Aufblühen der Stadt siedelten sich an — oder verweilten hier den gan­zen Sommer hindurch als Taglöhner — viele Slaven und Ungarn — für deren religiöse Bedürfnisse zu sorgen, die Väter der Gemeinde für eine heilige Pflicht hielten. Nach vielen Berathungen und Erkundigungen kamen sie überein, den damaligen Prediger von Radvan, Johann Molnár, einen Gömörer, zur Probe zu berufen. Dieser fein gebildete Mann*), der mit einer ge­diegenen Gelehrsamkeit eine seltene Weltkenntniß besaß und hier in Pest mehrere Geistesverwandte hatte, kam unr hielt am 24. Oktober 1787 in dem neu eingerichteten Betsaale seine Probepredigt — worauf er von der zwar kleinen, aber frommen Gemeinde einstimmig zum Seel­sorger gewählt, das Bcrufungsschrciben annahm, in welchem ihm fünf­hundert Gulden, 4 Opfer, 12 Klafter Holz und ein angemessenes Quar­tier nebst dem „Pómázer" Zuschuß zugesichert wurden. Dieser eifrige Mann —■ der die Wichtigkeit seiner Stellung für *) Sein Dater war ein Bauer in Bistro, einer Filialgemeinde von Esetnek. Dieser ließ den Sohn in der Csetneker Schule unterrichten, wo er durch seinen Fleiß und ein eminentes Talent den Rector des Gvmnasiums für sich so sehr gewann, daß dieser nicht ruhte, bis er ihn nach Oedenburg in die höhere Schule gebracht batte. Hier liebten auch die Lehrer den genialen Jüngling, welcher mit Stipendien ausgerüstet — nach Deutschland zog — zuerst aber von der Grundherrschaft die Erlaubniß dazu int Sinne der dama­ligen Gesetze haben mußte.

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