Evangélikus Élet, 2015. július-december (80. évfolyam, 27-52. szám)
2015-11-01 / 44. szám
Evangélikus Élet NÉMET OLDAL 2015. november 1. »- 7 Redakteurin: Pfarrerin Eszter Heinrichs Thesen gesucht Gedanken zum Thema Reformation gestern und heute Nach-Denken: Reformation der Kirche gestern und morgen „Gesucht - deine These für 2017“ - diesen interessanten Aufruf habe ich auf der Homepage zum 500-jährigen Reformationsjubiläum 2017 entdeckt (http://www.luther2017.de). Dahinter steckt eine Aktion, die Christinnen und Christen auffordert, sich eine eigene These zu überlegen, mit der sie die Welt verändern und verbessern wollen. Alle eingeschickten Thesen werden gesammelt und die 95 besten 2017 veröffentlicht und prämiert. Viele Thesen sind bisher eingereicht worden. Ihre Anliegen reichen von „Soziale Gerechtigkeit wagen“ über „Mehr Ökumene wagen“ bis hin zu „Das eigene Maß wieder finden". Eine spannende Aktion finde ich - eine Aktion, die für mich genau die beiden Zwecke erfüllt, die diesem Reformationsjubiläum zugrunde liegen. Zum einen erfüllt die Aktion den Zweck der Erinnerung an eine vergangene Aktion, die Auswirkungen bis heute hat. Denn die 95 Thesen, die 2017 prämiert werden sollen, rufen einem natürlich sofort die 95 Thesen in Erinnerung, die Luther 1517 an die Tür der Wittenberger Schlosskirche geschlagen haben soll. 95 Thesen gegen den Ablasshandel. 95 Thesen gegen eine Ausbeutung durch ein kirchliches System, dem der Geldgewinn im Vordergrund zu stehen schien. 95 Thesen gegen die verbreitete Angst der Menschen vor dem Höllenfeuer und gegen den Gedanken, man könne sich davon mit Geld loskaufen. Diese 95 Thesen haben sowohl ein religiöses als auch ein politisches Erdbeben ausgelöst. In ihrem Gefolge veränderte sich die gesamte damals bekannte Welt. Aus einer Kirche wurden mehrere. Aus einem einheitlich katholischen Kaiserreich wurden verschiedene, konfessionell geprägte Länder und Fürstentümer. Eine neue Wertschätzung der Bibel entwickelte sich genauso wie eine neue Wertschätzung der unterschiedlichen Landessprachen. Die Bildung der Menschen änderte sich ebenso wie die Musik und die Liturgie in den Kirchen. An all diese einschneidenden Veränderungen und ihre Auswirkungen bis heute wird beim Reformationsjubiläum gedacht. Der Thesenanschlag dient dabei als symbolisches Datum mit starker Aussage: Der Mut eines Einzelnen kann vieles verändern. Zum anderen will die Aktion „Thesen gesucht“ deutlich machen, dass die Reformation kein Ereignis der Vergangenheit ist. Es geht 2017 gerade nicht um das Gedenken an die Aktion eines einzelnen Mannes, an die wir uns heute bewundernd oder auch kritisch zurückerinnern können, die aber ansonsten mit unserem Leben nichts mehr zu tun hat. „Thesen gesucht" will vielmehr ermutigen, dieses Reformationsjubiläum vor allem als Anstoß für Neues zu sehen. Schon seit dem Jahr 2008 läuft die Lutherdekade, die genau das gleiche Anliegen hat. Die Jahre 2009-2016 stehen jeweils unter einem bestimmten Motto, bei dem versucht wird, die Erinnerung an die Reformation vor 500 Jahren mit der aktuellen Situation heute zu verbinden. Das Jahr 2014 stand beispielsweise unter dem Motto „Reformation und Politik“. Freiheit, Menschenrechte, Macht, Unterdrückung und Auflehnung sind Themen, die damals die Menschen beschäftigten und die heute genauso diskutiert werden müssen. Die Konzentration gerade auf den Thesenanschlag soll verdeutlichen: Es sind gerade nicht immer die Großen und Mächtigen, die tatsächlich etwas bewegen können. Oft reichen der Mut und die Kreativität eines Einzelnen. Auch wenn Luther sicher nicht in allen Belangen bedingungslos als Vorbild dienen kann - in Bezug auf seinen Mut und in Bezug auf seine Entschlossenheit, auch die Folgen seines Tuns zu tragen, kann er durchaus auch heute noch als beispielhaft dargestellt werden. So hat es meiner Ansicht nach durchaus seine Berechtigung, dass die „Lutherdekade“ seinen Namen trägt. Und auch die vielen kleinen bunten „Luthers“, die anlässlich des bevorstehenden Jubiläums in allen Farben die Straßen Wittenbergs zieren, sind nicht nur eine nette Spielerei. Sie scheinen uns vielmehr geradezu herausfordernd zu fragen „Was sind deine Thesen - wie willst du die Welt verändern?“ Denn vor allem anderen ist „Reformation“ vor allem eines: Ein nie abgeschlossener Prozess der Veränderung - und den braucht es heute genauso dringend wie zu Zeiten Luthers. In unserer Gesellschaft. In unserer Welt. Und auch in unserer Kirche. ■ Pfr. Carolin Braun, Reutlingen „Protestantische Kirche" oder „Protestantismus“ haben zunächst nichts mit „Protest“ zu tun. Vom lateinischen pro testűm hergeleitet, bedeuten sie übersetzt: „für das Zeugnis“. Martin Luther wollte kein Zeugnis gegen seine römisch-katholische Kirche verfassen, als er am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen veröffentlichte, sondern ihm ging es innerhalb der eigenen Kirche um das Zeugnis für Jesus Christus, für die Sache Gottes mit den Menschen in der Welt. In seinem Wittenberger Kloster-Turmzimmer hatte Luther über seinem Bibelstudium erkannt, dass es im christlichen Glauben nicht um den Weg des Menschen zu Gott geht, sondern um den Weg des gnädigen Gottes zu den Menschen. Gott hatte bereits in Jesus Christus am Kreuz gehandelt und die Versöhnung mit uns Menschen geschaffen. „Durch das Evangelium wird die Gerechtigkeit Gottes offenbart, nämlich die passive, durch welche uns der barmherzige Gott durch den Glauben rechtfertigt“ (M. Luther). Mit seinen 95 Thesen gegen die aus der mittelalterlichen Bußtheologie erwachsene Ablaßpraxis forderte Luther die akademischen Gelehrten zu einer öffentlichen Auseinandersetzung heraus. Luther wollte mit seinen Thesen zur Besinnung und Erneuerung in seiner römisch-katholischen Kirche aufrufen. Reformation heißt im Sinne Martin Luthers: Die christliche Kirche besinnt sich auf das lebendige Wort Gottes in der Heiligen Schrift des Alten und Neuen Testamentes und verkündet dieses Versöhnungswort in die jeweilige Gegenwart und macht damit Mut zum verantwortlichen Leben in unserer Gesellschaft. Interessant und widersprüchlich ist, auf welche Weise und mit welchem Schwerpunkt jeweils ein Jahrhundert an den Thesenanschlag Martin Luthers vom 31. Oktober 1517 gedacht und dieses Tages-Ereignis gestaltet hat: 31.10.1617 -100 Jahre Reformation. Die Erinnerung fand in Universitätsveranstaltungen statt, in denen Martin Luther im Mittelpunkt stand, und der lutherische Glaube scharf abgegrenzt wurde gegenüber der römischkatholischen Kirche und gegenüber den Reformierten. 31.10.1717 - 200 Jahre Reformation. Bei den Veranstaltungen in den Lutherstätten in Sachsen-Anhalt hielt man sich hinsichtlich einer konfessionellen Polemik sehr zurück und beschränkte sich auf die Auslegung biblischer Texte. 31.10.1817 — 300 Jahre Reformation. Der preußische König proklamierte die Union von Lutheranern und Reformierten. Beim Wartburgfest wurde M. Luther als Prophet der Freiheit (Befreier von der Obrigkeit) und der Aufklärung dargestellt und gefeiert. 31.10.1917 - 400 Jahre Reformation. Das geplante Treffen des Weltprotestantismus in Deutschland konnte wegen des 1. Weltkrieges nicht stattfinden. In schriftlichen Äußerungen wurde der deutsche Landsknecht Martin Luther im Blick auf die deutsch-nationalen lutherischen Christen hervorgehoben. 31.10.2017 - 500 Jahre Reformation. In der heutigen globalen Welt sind wir gespannt, wie in zwei Jahren von dem lebendigen Wort des dreieinigen Gottes in einer Zeit des Pluralismus und der Gott-Vergessenheit gesprochen wird; nicht zuletzt auch auf dem Hintergrund der ökumenischen Beziehungen zu anderen christlichen Konfessionen und des Verhältnisses vom Christentum zu anderen Religionen. Bei so einem Überblick ist auch interessant, wie der jeweilige Jahrhundert-Geburtstag Martin Luthers hinsichtlich des Verhältnisses von Staat und Kirche gefeiert wurde. So wie z. B. der 400. Geburtstag am 10. November 1883 im Deutschen Reich, der in die Zeit des preußischen Kulturkampfes fiel: Allein die Person Martin Luther stand im Mittelpunkt - nicht seine biblische Entdeckung von der Rechtfertigung des Sünders und seine Verkündigung des verheißungsvollen Wortes Gottes. Martin Luther und die deutsche Nation wurden gegen den Papst in Rom und die römisch-katholische Kirche in der Welt herausgestellt. Beim 500. Geburtstag im November 1983 wurde in den Lutherstätten der damaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in Anpassung an den sozialistischen Zeitgeist die Lutherehrung vorgenommen. Ein staatliches Luther-Komitee war gegründet worden, dessen Vorsitzender der DDR-Staatsratsvorsitzende Erich Honecker selbst war. Man nutzte in der DDR diesen 500. Geburtstag Luthers, „um sich international als Kulturstaat zu präsentieren. ... Da wollte man wohl eine Tür zu Kirche und Glauben leicht aufmachen, um das historische Ereignis im Sinn des Systems zu nutzen." (Katrin Göring- Eckardt) Unabhängig von den staatlichen Veranstaltungen in den Lutherstätten in Sachsen-Anhalt fanden in der DDR in jedem Jahr am Reformationstag Gottesdienste in den Kirchen statt, die - jetzt auch im Geist des Protestes - meist sehr gut besucht waren. Nach der politischen Wende 1989/90 fanden ebenso im wiedervereinten Deutschland Jahr für Jahr „Reformationsgottesdienste" am 31. Oktober statt; im Mittelpunkt standen die Dank- und Fürbittengebete und die betonte Verkündigung der Freiheit eines Christenmenschen. Nicht selten wird heute in größeren deutschen Städten zu gemeinsamen gottesdienstlichen Festveranstaltungen am 31. Oktober mit auswärtigen bekannten theologischen Persönlichkeiten eingeladen. Meistens geht es um die eindringliche Erinnerung daran, dass sich jede christliche Kirche selbst erneuern und sich somit den neuen Herausforderungen im eigenen und im globalen Lebensumfeld stellen muss. Das Ziel aller Verkündigung des lebendigen Wortes Gottes ist heute die Einheit in der Verschiedenheit; denn es geht wesentlich und entscheidend um das christliche Miteinander in unserer säkularisierten Welt. ■ Klaus Wollenweber, Altbischof, Bonn Deutsche und zweisprachige Gottesdienste am Reformationstag 31. Oktober Ágfalva .............................16 Uhr Budavár _____________18 Uhr Gyugy ..............................18 Uhr Sopron .............................10 Uhr Sopronbänfalva ............... 9 Uhr