Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)

Vorwort

VORWORT H. O. Meisner hat die Kabinettskanzlei als „eine Begleiterscheinung des persönlichen Regiments der Herrscher, wie es ... sich seit dem 16. Jahrhundert in Deutschland ausgeprägt hatte“, bezeichnet und dar­getan, daß „das den älteren Ausdruck Kammer verdrängende Modewort ,Kabinett“ für das Regierungsgemach des nicht (oder nicht allein) im Rat regierenden Monarchen und insbesondere für das ihm hiebei behilfliche Büro“ erstmals in Brandenburg 1651 auf taucht und die Bezeichnung Ka­binettssekretär dort 1700, in Sachsen 1704, in Württemberg 1717 zuerst begegnet *). In Österreich findet sich die Bezeichnung „Cabinet“ erstmals 1627, wobei unklar bleibt, ob darunter eine Ortsbezeichnung oder eine Kanzlei zu verstehen sei2), und der Begriff „Cabinetssecretarius“ wird erstmals 1716 gebraucht3). In Österreich hat das Kabinett für welches erstmals unter der Regierung Maria Theresias auch der Begriff „Kabi­nettskanzlei“ gebraucht wurde 4), jedoch niemals die Entwicklung zu einer selbständigen Behörde genommen. Die Kabinette und später die Kabi­nettskanzlei blieben immer nur die Schreibstube des Monarchen für alle aus seiner Organstellung erwachsenden Geschäfte sowie für seine pri­vaten Angelegenheiten. Der Begriff Kabinettskanzlei, wie er sich in Österreich darstellt, wurde verschieden definiert. Hauke bezeichnet die Kabinettskanzlei und die Militärkanzlei als „bürokratischen Apparat“, der dem Kaiser zur Verfügung stehtä), Hernritt als „Sekretariat des Monar­chen für die Zivil- und Militärangelegenheiten“ 6). Tezner definiert sie als „Behörden zur Entgegennahme der zur persönlichen Erledigung durch den Monarchen bestimmten Eingaben und zur Hinausgabe der für Be­hörden und Parteien bestimmten Ausfertigungen kaiserlicher Willens­') In Archivalische Zeitschrift, Bd. 45, S. 321. Siehe auch Ders., Die monar­chistische Regierungsform in Brandenburg-Preußen in Forschungen zu Staat und Verfassung, Festgabe für Fritz Hartung, Berlin, 1958, S. 227, Anm. 1. 2) S. S. 10. ») S. S. 11. 4) E. C. Hellbling, Österreichische Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte, Wien, 1956, S. 306, irrt, wenn er ausführt, daß das kaiserliche Kabinett, das vom Herrscher ohne Bindung an irgendwelche Vorschriften aus vertrauten Räten (Staats- und Konferenzministern, Staatsräten) zusammengesetzt wurde, den Zentralbehörden übergeordnet war, sowohl hinsichtlich der organisatori­schen Stellung als auch hinsichtlich der Besetzung des Kabinetts. 5) In Mischler-Ulbrich, österreichisches Staatswörterbuch, Bd. 3, S. 659. 6) R. v. Herrnritt, Handbuch des österreichischen Verfassungsrechts, Tübin­gen, 1909, S. 115.

Next

/
Thumbnails
Contents