Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)
IV. Der Geschäftsgang - 3. Das Kabinett Josephs II. und die Kabinettskanzlei bis 1918 - d) Die sachliche Bearbeitung; die Verfassung, Überprüfung und Genehmigung der Konzepte; der Ausfertigungsbefehl
254 waren vom Extrahenten oder Revidenten vorzunehmen193). NachPapays Eintritt oblag die „Vorrevision“ der Erledigungen der von den Ministerien, Zentral- oder Hofstellen der Länder der ungarischen Krone einlangenden Vorträge und der meritorischen Gesuche aus diesen Ländern dem Leiter des ungarischen Referates alternierend mit dem zweiten Kabinettssekretär. Diesem zweiten Kabinettssekretär oblag in erster Linie die Vorrevision der Erledigungen der Vorträge der Ministerien, Zentral- und Hofstellen in den Reichsratsländern und der meritorischen Gesuche aus diesen, jener alternierend mit dem Leiter des ungarischen Referates, dieser zur Hälfte geteilt mit dem dritten Kabinettssekretär, ferner jene der Korrespondenzkonzepte mit Ausnahme jener, welche sich auf Unterstützungen, Geldsendungen u. dgl. bezogen. Dem im Rang an dritter Stelle stehendem Kabinettssekretär oblag neben der Anteilnahme an der Vorrevision der ebengenannten meritorischen Gesuche im Falle der Abwesenheit oder Verhinderung eines der beiden im Rang ihm vorgehenden Kabinettssekretäre die Vorrevision der Vortragserledigungen 194). Als Zeichen der erfolgten Vor revision setzte der betreffende Kabinettssekretär seine Unterschrift oder Paraphe links neben die des Extrahenten oder Konzipienten vielfach, schließlich regelmäßig mit Angabe des Datums. Nach erfolgter Revision gingen, von den bereits aufgezeigten Ausnahmen abgesehen, alle Akten auch jene des ungarischen Referates an den Kabinettsdirektor zur „Revisio n“, der als Zeichen, daß diese erfolgt sei unter die Worte der Erledigung seine Unterschrift und das Datum des Revisionstages setzte. Nach erfolgter Revision wurden die Geschäftsstücke dem Kaiser zur Genehmigung vorgelegt. Es ist selbstverständlich, daß der Kaiser, sowohl Franz Joseph als Karl, auch Korrekturen in den Entwürfen Vornahmen. Es kam auch vor, daß der Kaiser nur mündliche Weisungen zu einer Korrektur gab, so vermerkt z. B. Kundrat auf einem Kabinettsreferat vom 19. Jänner 1897 „Über mündlichen A.h. Befehl wird der Entwurf der A.h. Entschließung wie folgt geändert: [folgt die Abänderung]“ 105). Manche Einlaufstücke wurden dem Kaiser von seiner Korrespondenz abgesehen aus bestimmten Grund ohne Bearbeitung vorgelegt; Franz Joseph erteilte dann seine Weisungen zur Erledigung; so schrieb er z. B. auf ein Schreiben des Vermögensverwalters Kaiser Ferdinands, des Hofrates Geringer, vom 14. November 1872, mit dem dieser eine Bitte des Infanten Don Alfonso um Subsidien zur Geltendmachung seiner Ansprüche auf den spanischen Thron dem Kabinettsdirektor Braun übersandt hatte: „Bitte an Geringer zu schreiben, daß nichts gegeben werios) Andeutungen über den Revisionsdienst in der k. k. Kabinettskanzlei, o. J. (1867), Direktionsakt 21/1867. 194) vgi. 20 Korr./1881 in Direktionsakt 3/1884, 592 Korr, in Direktionsakt 3/1884. 195) Direktionsakt 3/1897.