Walter Goldinger: Ergänzungsband 5. Geschichte des Österreichischen Archivwesens (1957)

Schatzgewölbe und Kanzleiarchive

Schatzgewölbe und Kanzleiarchive 23 ihm auf die Spur helfen kann, ist das Archiv berufen, Verhältnisse auf­zuklären, die nicht zu wissen selbst dem erfahrensten Geschäftsmanne er­laubt ist129). Das Personal in diesen Kanzleiarchiven wies daher fast durch­wegs eine höhere Bildung auf, die meisten verfügten über Studien, die den heutigen Mittelschulen entsprechen. Die Besoldung besonders der niederen Beamten war kärglich. Nach der Statusregelung des Jahres 1783 bezogen im Hofkammerarchiv der Direktor jährlich 1500, zwei Adjunkten je 800, 1 Registrant 800, zwei weitere Registranten je 600, ein Akzessist 300 und der Heizer 300 Gulden130). Bei der Organisierung des Hofkanzlei­archivs 1820 wurden dem Direktor 1800, dem Adjunkten 1400, den beiden Registranten je 1020 Gulden jährlich zuerkannt131). Die seit Maria Theresia festgelegten Besoldungsansätze waren im wesentlichen stabil ge­blieben, ohne auf die fortschreitende Geldentwertung, namentlich seit den napoleonischen Kriegen, Rücksicht zu nehmen 132). Unter den Verfassern von Werken über Archivkunde 133) findet man in älterer Zeit keinen Österreicher, auch nicht unter den Vertretern des Kanzleifaches, das ja den zweiten Zweig der Entwicklung der Archive neben der Fortbildung und Differenzierung der Schatzgewölbe bildet. Erst die Lehren vom Geschäftsstil, die Sonnenfels vertreten hat und die durch die josefinische Kanzleireform in die Praxis eingegangen sind, können in diesem Zusammenhang genannt werden134). Seit an den Hochschulen Vor­lesungen über Diplomatik abgehalten wurden, kamen auch das Archiv­wesen berührende Fragen dort zur Sprache 135). So behandelte der Exjesuit Heyrenbach136), dessen Vorlesungen über Diplomatik im cod. 7244 der Nationalbibliothek vorliegen, sehr ausführlich die Geschichte des Archiv­wesens seit der Antike unter Anführung zahlreicher Quellenstellen, er kennt aber auch die wichtigsten bis zu seiner Zeit erschienenen Werke 129) Hofkammerarchiv, Archivverhandlungen 171/1840. 13°) Hofkammerarchiv, Archivverhandlungen 171/1840. 131) Hofkanzlei III A 2, 19 ex Mai 1820. Vgl. auch Mikoletzky, Aus der Frühgeschichte eines Wiener Archivs. Personal und Besoldung im Hofkam­merarchiv 1775—1875. Archivar u. Historiker, 1956, 121—140. 132) Josef Karl Mayr, Wien im Zeitalter Napoleons. Staatsfinanzen, Lebensverhältnisse, Beamte und Militär. Abhandlungen zur Geschichte und Quel­lenkunde der Stadt Wien 6, 1940, 186 ff. 133) Kaiser, Aus der Entwicklung der Archivkunde. AZ 37, 1928, 98 bis 109; Brenn eke, a. a. O. 44 ff. 134) Über den Geschäftsstyl. Die ersten Grundlinien für angehende öster­reichische Kanzleybeamte, 1784 in erster Auflage. 135) In dem kaiserlichen Kabinettsschreiben vom 12. Juli 1805, womit ein neuer Lehrplan für das Philosophiestudium eingeführt wurde, wird über Diplo­matik und Heraldik gesagt: Diese beiden Wissenschaften sind für den gelehrten Geschichtsforscher, welcher die Geschichte aus ihren Quellen mit Sachkenntniß herausheben will, für Bibliotheks-Archivdienste, und für mancherley andere wichtige aus- und inländische Geschäfte nothwendig. Alig. Verwaltungsarchiv, Studienhofkommission, 2 A, Philos. Studium, 1805. 136) Siehe unten S. 92.

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