H. Koller: Ergänzungsband 4. Das Reichsregister König Albrechts II. (1955)

Einleitung

2 1439 zu 1440 als Zäsur in der Geschichte der Reichskanzlei ansprechen müssen6). Unter Sigismund hatte sich viel gewandelt. Die weltlichen Kanzlei­beamten, die früher fast nie in Erscheinung getreten waren, beginnen sich unter ihm stärker durchzusetzen und erhalten in den letzten Jahrzehnten seiner Regierung und unter Albrecht absolut das Übergewicht7). Gleich­zeitig werden die deutschsprachigen Urkunden immer zahlreicher. Zunächst hält sich noch die Regelung, daß geistliche Empfänger das vom zuständigen Protonotar gezeichnete Privileg in lateinischer Sprache ausgestellt er­halten, doch dringt die deutsche Sprache namentlich für südwestdeutsche Empfänger auch in den kirchlichen Bereich ein, so daß unter Albrecht lateinische Urkunden, sofern sie nicht für Italiener, Spanier, Engländer oder Franzosen ausgestellt sind, sehr selten werden und nur mehr einen ganz geringen Teil der auslaufenden Stücke bilden8). Mehrere Gründe können für diese Erscheinung angeführt werden: Zunächst muß die Be­schränkung auf den Bereich des deutschsprachigen Gebietes, die den Königen immer mehr auferlegt wurde, berücksichtigt werden. Aber auch eine Verminderung des Einflusses im kirchlichen Bereich kann man ver­muten — die Pfründenverleihungen dürften unter Sigismund stärker zu­rückgehen — und ein Vordringen nationaler Gedanken liegt im Be­reiche der Möglichkeit. Gerade dieser letzte Verdacht liegt nahe, wenn man bedenkt, daß der Nationalismus in Frankreich, Böhmen und Ungarn damals stark in Erscheinung tritt; gerade Albrecht hatte deshalb schwerste Wider­stände9). Überdies war die Reichskanzlei unter Sigismund hauptverant­wortlich für die Stadtpolitik des Kaisers, die dieser auch in Ungarn und dort mit stark nationalem Charakter zugunsten der Deutschen verfocht10). Die Kanzleibeamten waren sicher Nutznießer dieser politischen Einstellung, <>) T. Lindner, Das Urkundenwesen Karl IV. und seiner Nachfolger (Stutt­gart 1882), setzt 1437 eine Zäsur, die von den Handbüchern allgemein über­nommen wurde. Die Zäsur ist falsch. Vgl. S. 3 ff., 9, 22 f. 7) Dirk Gerardus Noordijk, Untersuchungen auf dem Gebiete der kaiser­lichen Kanzleisprache im XV. Jahrhundert (Gouda 1925) S. 11 ff. bietet noch immer die beste veröffentlichte Übersicht. 8) Vgl. etwa n. 7, 11, 12, 23, 59 etc. 9) W. Wostry, Albrecht II. / 2. Teil, S. 103 ff. Dazu O. Hufnagel, Caspar Schlick als Kanzler Friedrichs III. (Mitteil. d. Inst. f. österr. Geschichtsforsch., Ergbd. 8, 1911), S. 258 ff. Hufnagel betont nicht nur diese Ereignisse, er ver­weist auch auf die Rolle, die die Kanzlei spielte. Vgl. neuerdings Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 154 f. (H. Quirin) u. A. Lhotsky, Die Geschichte der Sammlungen (Wien 1941—45), S. 41 ff. u. 58. Albrecht hatte bezeichnender­weise auch eine deutschsprachige Devise: Tue recht! i«) Eine genaue übersichtliche Darstellung dieser Ereignisse fehlt. Zur Orientierung die jüngsten guten Zusammenfassungen: B. Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte l8 (Stuttgart 1954), S. 527 ff. und H. Rössler-G. Franz, Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte (München 1952), S. 782 ff.

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