Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)

V. Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte - 50. Hermann Balti (Graz): Beiträge zur Geschichte der steirischen und österreichischen Strafrechtskodifikationen im 15. und 16. Jahrhundert

Geschichte der steirischen und österreichischen Strafrechtskodifikationen im 15. und 16. Jahrhundert. 27 Ihr Produkt ist — das kann vorweggenommen werden — der Entwurf III, wie er im Reiner Text schon Byloff bruchstückweise bekannt war. Die Kärntner Landschaft legte am 11. Juni 1545 ihre Vorschläge vor; von steirischer Seite aber scheint zunächst nichts auf die Aufforderung des Königs geschehen zu sein, so daß die Regierung die Steirer daran erinnern mußte. In ihrem vom 24. Oktober 1545 datierten Schreiben führt die steirische Landschaft aus, daß sie die Erlassung der Malefiz - Ordnung für dringend notwendig erachte, aber der mit der Ausarbeitung eines entsprechenden Entwurfs beauftragte Rechtsgelehrte sei plötzlich verstorben, sein Nachfolger mit Krankheit beladen, doch bis Weihnachten werde die Arbeit beschlossen werden 1). Dieses Versprechen konnte jedoch nicht eingehalten werden, und so enthalten die Landtagsakten des Jahres 1546 einen an dreizehn nicht näher genannte Adelige gerichteten ,,Forderbrief zu beratschlahung der landgerichtsordnung Pollicey vnd der Stet beschwär“ vom 12. Juni 1546, in dem es heißt: „Ain Ersame Lanndtschafft hat in nägstem Lanndtag beschlossen vnd vns bevolhen Euch vnd annder herren zu beratschlagung der Landgerichtsordnung . . . hieher zu erfordern. Weil dann an obgemelte Landgerichtsordnung dem vatterland trefflich vnd vil daran gelegen vnd ain mall ins werch gebracht werde. So ist demnach . . . “ das Begehren ,,Ir wellt auf den 5 tag Julii künfftigs monat auf einer Ersamen Landschafft Cossten hierher ankhomen . . . “ Am Frühjahrslandtag des Jahres 1546 wurde also der darauf bezügliche Beschluß gefaßt und im Sommer wurde der wohl schon vorhandene Entwurf beraten. Es liegt nahe, zu vermuten, daß das Ergebnis dieser Arbeiten identisch mit dem zu Rein überlieferten Text sei. III. In der Tat fand sich nun im steirischen Landesarchiv der vollständige Originaltext einer Landgerichtsordnung für Steiermark: „Des löblichen Fürstenthumbs Steir Lanndt vnnd peindlich gerichts Ordnung im fünfzehen hundert vnnd sechsvnnd- vierzigisten Jar auffgericht.“ Das von der Landschaft Unterzeichnete, an den König gerichtete Einleitungsschreiben ist mit 12. Dezember 1546 datiert. Da der König ein­gewilligt habe, „... ain Neue Landtgerichts Ordnung in disem Fürstenthumb Steyr auf- zerichten damit fürdőn mit pessrer Ordnung als pisher das peindlich Halssgericht gehanndlt wurde darauf haben wir . . . ain peindliche Halss vnnd Landt Gerichts Ordnuilg nach vnnserm pessten aufrichten lassen vnd in jetzigen Lanndtag durch gemain versamlung biss auf E. Khu. Mgt. genedigist gefallen abgehördt vnnd beschlossen die wir E. Khu. Mt. hiemit aller vnnderthanigest vbersenden wie E. Khu. Mt. allergenedigist sehen vnnd vernémben wirdt. Mit gehorsambister bitt die welle solch verfasst peindlich Halss vnnd Lanndtgerichts Ordnung mit genaden abhören, derselben genedigistem gefallen nach (ausser die artigl ainer Lanndtschafft Freiheit betreffendt) mündern oder meren vnnd dann ainer Lanndschafft aller genedigist bestätten. Wie wier vnns dann zu E. Ku. Myt. vnnder- thanigist getrosten.“ Es folgen einige erklärende Worte über die Aufgabe des dritten Teils der Ordnung, der bekanntlich von „Unzuchten“ in Gerichten handelt; Anlaß zur Aufnahme dieses Teils seien die bisherigen unrechtmäßigen Eingriffe der Landrichter in die grund­herrliche Kompetenz gewesen. Unterzeichnet ist die Einleitung von der Landschaft des Fürstentums Steier „auf jetzigen Landtag alhie versamblt“ 2). Auf die Einleitung folgt eine kurze Übersicht des Inhalts der drei Teile der Ordnung, die sinngemäß, teilweise auch wörtlich, der Einteilung auf dem Titelblatt der Ausgabe von 1574 entspricht. Die königliche Einbegleitung des Textes stimmt wörtlich mit 1574 überein und auch die Schlußworte „. . . mit Rat gemainer Vnnserer Landtschafft in Steyr aufgericht, reformiert vnd gesezt . . . “ sind wörtlich gleichlautend 3). *) *) LA. Graz, Landtagsakten 1545, Konzept. 2) Landesarchiv Graz, Schuber 61. Allerdings erwähnen weder Landtagshandlungen noch Land­tagsakten dieses Landtages die Landgerichtsordnung. 3) Auch damit zeigt sich, daß aus der Verwendung des Ausdruckes „reformiert“ in der Ausgabe von 1574 kein Schluß auf das Bestehen einer früheren Ordnung gezogen werden kann. „Reformiert“ bezieht sich vielmehr auf den bisherigen Zustand.

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