Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)
V. Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte - 49. Erwin M. Auer (Wien): Die Ordensgarderobe. Ein Beitrag zur Geschichte der kleinen Wiener Hofdienste. (Mit 1 Tafel.)
14 Auer, Eine sofort angesetzte eindringliche Revision der Ordensgarderobe in Anwesenheit der Vertreter aller beteiligten Stellen ergab, daß die Garderobe sich vollzählig in musterhafter Ordnung und in gutem sowie reinem Zustand befand. Die Gattin Jakobine Naderer, welche mit ihrer Tochter den Vermißten seit 15 Jahren in der Garderobe unterstützt hatte, wurde in Anbetracht der gerade in der Sommerszeit bestehenden großen Gefahr für Textilien sofort provisorisch in die Garderoberstelle gegen ein monatliches Honorar von 52 fl. 50 kr. eingesetzt; ihre endgültige Ernennung erfolgte am 23. Februar 1868 *). Im Jahre 1872 erhielt sie wegen ihres vorgerückten Alters ihre Tochter Emma Schmidt zugeteilt, die jedoch, da die Adjunktenstelle ja aufgelassen war, nicht unmittelbar aus hofärarischen Geldern, sondern aus Mitteln der einzelnen Ordenskanzleien mit vierteljährlich 75 fl. entlohnt wurde2). Emma Schmidt folgte ihrer am 27. Februar 1886 im 76. Lebensjahre verstorbenen Mutter als Garderoberin, versah aber diesen schon zu Lebzeiten ihrer Mutter mit 800 fl. besoldeten Dienst nur bis zum 24. Dezember des gleichen Jahres; ein Herzleiden raffte sie in jungen Jahren dahin3). Die seinerzeitige Abschaffung der Adjunktenstelle rächte sich jetzt, denn es mußten Kräfte aufgenommen werden, die in die Arbeiten der Ordensgarderobe und in deren Eigenheiten nicht eingeführt waren. Durch diese Erfahrung gewitzigt wurde die Adj unkten- stelle wieder aktiviert und gleichzeitig eine Gehaltsregulierung in der Weise durchgeführt, daß die Garderoberin fortan statt 800 fl. nur 500 fl. Entlohnung, die Gehilfin aber 300 fl. Renumeration im Jahre vom Hofärar bezogen. Als provisorische Garderoberin wurde am 12. März 1887 die Aushilfsgarderoberin des Burgtheaters Barbara Lauterböck bestellt und ihr als Gehilfin Anna Ranner, seit 1889 verehelichte Rahn, beigegeben4). Als letztere am 21. April 1905 39jährig im Allgemeinen Krankenhaus an einem Herzfehler starb, wurde die Tochter der provisorischen Garderoberin Emma Lauterböck am 15. Mai des gleichen Jahres 5) als Gehilfin eingestellt. Obwohl sich die Kanzlei des Ordens vom Goldenen Vließ im Jahre 1907 um eine definitive Anstellung der Barbara Lauterböck und um eine Gehaltserhöhung für sie bemühte, scheiterte der Versuch an dem Widerstand des Rechnungsdepartements, das die bisherige Entlohnung für die zeitweise Aufsichtspflege und Reinigung, wenn schon nicht als zu hoch, so doch als zureichend bezeichnete 6). Dasselbe Departement stellte sich 1919, als Mutter und Tochter Lauterböck gekündigt werden mußten, auf den Standpunkt, daß es sich bei beiden Frauen nicht um Lohnbedienstete handle. Beide hätten lediglich für eine bestimmte Leistung (Instandhaltung der Ordensgarderobe) einen bestimmten Pauschalbetrag bekommen und hätten daher auch keinen Anspruch auf eine Provisionierung. Mit den Kündigungsdekreten vom 19. Jänner :) Z. 3, 16 und 36/TO/1867, 7/TO/1868. Ignaz Naderer wurde am 26. Mai 1867 im Dorotheerwalde bei Salmannsdorf erhängt aufgefunden und in Neustift begraben. Pfarramt Wien-Neustift, Sterbebuch 1867 Nr. 12. 2) Z. 3/TO/1868, 2 und 3/TO/1872, 5/TO/1886. Emma Schmidt war vorher durch sieben Jahre im Hofburgtheater bei Besorgung der Wäsche und in gleicher Eigenschaft durch vier Jahre im Opernhause bedienstet. 3) AdStW, TP 1886; Z. 5, 6 und 14/TO/1886. Emma Schmidt starb im 42. Lebensjahre als Witwe. 4) Z. 3, 7, 10 und ll/TO/1887. Daß der Mann Alois der Barbara Lauterböck als Buchdrucker an einem Streik beteiligt war, bildete kein Hindernis für die Anstellung der Frau bei Hof. — Der Mann der Ranner, Karl Rudolf Rahn war zwar in Karbitz in Böhmen geboren, lebte von seiner frühesten Kindheit an in Wien, war jedoch nach Bayern zuständig. Fast hätte die beabsichtigte Eheschließung mit einem Ausländer das Dienstverhältnis der Rahner gelöst. Schließlich konnte Rahn doch den Wiener Heimatschein erlangen. Z. 10/TO/1889. c) AdStW, TP 1905, Z. 27 und 30/TO/1905. 6) Z. 1566/OMeA/1907 und die darin einliegenden Anregung Webers von Ebenhof sine dato und Äußerung des Rechnungsdepartements vom 29. Jänner 1907. Aus dieser Äußerung geht hervor, daß Betty Lauterböck als Garderobegehilfin des Burgtheaters jährlich 630 K und für jedes Ankleiden 60 h, durchschnittlich im Monate zehnmal, also jährlich bei einer zweimonatigen Sommerpause 60 K bezog.