Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/2. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1951)
V. Rechts-, Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte - 49. Erwin M. Auer (Wien): Die Ordensgarderobe. Ein Beitrag zur Geschichte der kleinen Wiener Hofdienste. (Mit 1 Tafel.)
Die Ordensgarderobe. 5 leichnamsprozession verwiesen. Die Ornate blieben dem feierlichen Titularfest und dessen Vesper, ferner den nicht am Andreastage abgehaltenen feierlichen Promotionen in Wien und Laxenburg *) Vorbehalten, soferne nicht der Souverän auch für diese beiden Feste vereinzelt das Mantelkleid anordnete 2). Für auswärts vorgenommene Investituren wurden nur in Ausnahmefällen den Kommissären gut verpackte Ornate mitgegeben 3). Von Beginn an wurden die Ornate in einer eigenen Chambre de la Garderobbe de VOrdre aufbewahrt, die schon 1721 in der Burg erwähnt wird4). In ihr hingen die Ornate, wie wir aus den späteren Inventurprotokollen schließen können, in Kasten5) über bereits 1712 angeschafften hölzernen Kleiderbügeln (soutiens) 6). Die Betreuung besorgte einer der kaiserlichen Garderober, der den Rittern beim Ankleiden behilflich war, die Ornate nach dem Gebrauch reinigte und im Notfall reparierte. Eine eigene Bezahlung für den Dienst in der Garderobe des Toison-Ordens läßt sich in den Obersthofmeisteramtsakten dieser Zeit nicht nachweisen. Der Garderober versah diesen Dienst ja neben seinen übrigen Geschäften und fand eine Entschädigung in den zum Teil von der Ordenskanzlei geregelten Trinkgeldern der Ritter 7). Daneben darf ein weiterer Garderobebestand nicht übersehen werden; die älteren roten und die außer Gebrauch gekommenen weißen wie schwarzen Ornate verwahrte, wie bereits erwähnt, der Schatzmeister des Ordens in Brüssel, u. zw. in seiner Privatwohnung 8). Der Schatzmeister gab diese roten Ornate nur für Investituren in den Niederlanden heraus, die im Gegensatz zu den übrigen auswärtigen Investituren fast ausnahmslos im Ornate stattfanden, zum letzten Male 1781 9). Nach dem im Jahre 1735 erfolgten Tode Humyns bemühte sich dessen Tochter und Erbin jahrelang, daß ihr der gesamte Schatz abgenommen und aus ihrer Wohnung entfernt werde, doch erst am 27. Juli 1745 wird das Eigentum des Ordens von einer Kommission inventarmäßig sichergestellt 10). Die Garderobe wurde nunmehr mit dem übrigen Schatz in der Brüsseler Chambre des Comptes untergebracht. Vor den herannahenden Franzosen mußte die Garderobe wenige Tage später nach Antwerpen und Dortrecht geflüchtet werden. Bei dieser Gelegenheit erfahren wir, daß der burgundische Meßornat und die Ordenskleider sich in fünf großen, schadhaften Koffern befanden, deren Schlösser zum Teil fehlten. Nach der Rückbergung blieb der gesamte Schatz unter der Obhut des Tresoriers in Räumen der Chambre des Comptes, später des Arsenal du Pare 11) und des Conseil Privé 12) untergebracht. Franz von Lothringen hat die nach dem Tode seines Schwiegervaters übernommenen Souveränspflichten traditionsgetreu erfüllt. Die unter ihm wachsende Zahl der Ritter sowie die getrennte Besetzung der Kanzlerwürde und des Greffierpostens führte zur Anschaffung von 12 neuen Ornaten. Unter diesen neuen Vließkleidern befanden sich auch die beiden Kinderornate, die erstmals 1755 für die festliche Promotion der Söhne Franzens, nämlich des 10jährigen Erzherzogs Karl und des 8jährigen Erzherzogs Leopold benötigt wurden 13). Bis dahin nämlich war es im Orden Brauch, daß Minderjährige, soferne sie *) Laxenburg: Acta ordinis II, fol. 58 f. 2) Z. 12/TO/1740. 3) Ebenda II, fol. 97 ff. und 146 ff., beide Ausnahmsfälle aus dem Jahre 1722. 4) Ebenda II, fol. 54r. 5) Z. ll/TO/1811, Übergabsliste Pichler—Faust um 1790. 6) TO-Varia, Alte Zahlungskorrespondenzen: Revenus et Depence de VOrdre de Van 1712. 7) Vgl. unten Anlage, S. 20. 8) Z. B. Z. l/TO/1731, 5/TO/1735. 9) Z. 3/TO/1750, l/TO/1759, 3/TO/1764, 10/TO/1771, 5/TO/1782 (für 1781). 10) Z. 9, 10 und 13/TO/1740, 7/TO/1744. u) Z. 3/TO/1745; Gl IV, S. 415. 12) Z. 5/TO/1782. 13) Z. 2/TO/1755. Die letzte Verwendung ist für die 13jährigen Erzherzoge Albrecht und Stephan im Jahre 1830 nachweisbar (Z. 6/TO/1830).