Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)

I. Archiv-Wissenschaften - 5. Karl Lechner (Wien): Das Archiv der ehemaligen Propstei Gloggnitz, seine Geschichte und seine Bestände, nebst Regesten

Archiv der ehemaligen Propstei Gloggnitz. 87 Handschrift 2 ist ein Copialbuch in gleicher Ausstattung (Pergament, Holz mit rotem Leder), aber ohne Messingbuckel. Das Buch ist modern paginiert und zählt 104 Seiten im Ausmaß von 22-5x33 cm. Die Schrift entspricht dem Anfang des 15. Jahrhunderts. Auf p. 1 beginnen die „Indulgencie monasterii beate Marie Formbacensis“, u. zw. mit der Urkunde Papst Alexanders III. vom Jahre 1179 (Mon. Boica IV, S. 136); die jüngste davon stammt von 1404. Dann folgen, p. 15 ff., die ältesten, die Gründungstraditionen von Formbach ab 1094 zur Zeit Abt Berengers und unter Abt Wirnto J). Anschließend daran Traditionen, die sich vor allem auf Gloggnitz und Umgebung beziehen 2). P. 26 steht eine „tabula lite- rarum mon. Formb.“, die zunächst 52 Namen der Aussteller nennt, worauf dann p. 31 ff. die 52 Urkunden selbst im Wortlaut folgen, meist mit genauer Nachzeichnung von verlängerter Schrift, Monogramm und Siegel und meist mit deutscher Übersetzung der lateinischen Ur­kundentexte. Die erstverzeichnete Urkunde ist jene Papst Innozenz’ II. von 1139, die letzte die Privilegienbestätigung durch Herzog Heinrich von Bayern von 1394. Die älteste Urkunde aber der ganzen Reihe ist jene Bischof Ulrichs von Passau für die Martinskirche in Formbach 3), die jüngste jene Herzog Leopolds IV. von Österreich über das strittige Landgericht von Her- zogenburg (unterer Markt!) von 1407 Jänner 21 4). Diese Urkunde ist wie viele andere der Reihe unbekannt, sie fehlen in dem Druck der Mon. Boica. Dazu gehört vor allem auch jene, als Nachtrag (Ende des 15. Jahrhunderts) zuletzt angeführte Urkunde Friedrich des Truch­sessen von Lengenbach über die Vogtei zu Herzogenburg vom Jahre 1282, ausgestellt auf dem Landtag zu Tulln. Daß diese Urkunde für besonders wichtig gehalten wurde, geht daraus hervor, daß sie auch auf der Innenseite des Vorderdeckels, bzw. eines Deckblattes (von Pergament) mit späterer Schrift nachgetragen ist, u. zw. in deutscher Übersetzung, mit der Überschrift „Vogt zu Herzogenburg“ 5). Anschließend an die eben genannte Urkunde über den Vogt zu Herzogenburg steht auf dem Deckeldeckblatt auch eine solche über den „Vogt zu Münichwald“ (und über das Jagdrecht), nämlich des Gottschalk von Neydperg vom Jahre 1276, Dezember 11 6). Dabei stehen von einer Hand des 16. Jahrhunderts die Worte: „Original lateinish ligt zu Gloggnitz“ — was einen neuen, unzweifelhaften Beweis dafür liefert, daß sich damals ein altes Archiv in Gloggnitz befand! Auf der Innenseite des Vorderdeckels steht endlich noch eine Steuerbefreiungsurkunde für bayrische Besitzungen von 1414 und darunter die Worte „ego fr. Ulricus“ (Ende des 15. Jahrhunderts). Auf der Innenseite des Rückdeckels findet sich eine Abschrift (16. Jahrhundert) des Privilegs von 1270 über die Zehente zwischen Inn und Formbach 7). Dort stehen auch mit Humanisten­schrift die Sätze „Nemini fidas nisi cum quo prius modium salis consumeris. O dives dives non omni tempore vives“ 8). x) OÖUB. I, S. 625—627, Trad. Nr. I, S. 779—781; S. 627 f., Nr. II und III. 2) Ebenda, S. 636 f., Nr. 32 und 643 f., Nr. 58. 3) Mon. Boica IV, S. 127, Nr. 1; Groß, MJÖG., Erg.-Bd. 8, S. 642, Nr. 21. 4) Ungedruckt; siehe Copialbuch, p. 74 f., Nr. XXIX; vgl. die herzogliche Vorladung zur gerichtlichen Entscheidung: Mon. Boica IV, S. 179. Die Urkunde ist ebenso unbekannt wie zwei andere, die anläßlich der Streitigkeiten über das Landgericht über Herzogenburg ausgestellt wurden und Bestätigungen des durch Herzog Leopold VI. beurkundeten Tausches Herzogenburg—Neunkirchen vom Jahre 1210 (Meiller 105/89) darstellen: 1374 I 3, Herzog Albrecht III.; 1401 IV 5, Herzoge Wilhelm und Albrecht. Eine aber, von 1351 V 24, ist abgedruckt in Mon. Boica IV, S. 167. 5) Es handelt sich um ein Pergamentblatt, mit dem die Innenseite des Deckels verkleidet ist; die Schrift stammt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Dabei ist bei der späteren Abschrift dieser Urkunde auf der letzten Seite des Codex verwiesen auf diese früher geschriebene deutsche Übersetzung am Innen­deckel! Nach Ablösung dieses Deckblattes zeigte sich, daß dazu eine Verkaufsurkunde Abt Ottos von Formbach verwendet wurde, die sich auf eine Pfründe zu Formbach bezieht und vom Jahre 1383 stammt. 6) Es handelt sich um die oben besprochene, heute im Stiftsarchiv Vorau erliegende Urkunde mit der Gloggnitzer Inv.-Nr. 182 (siehe oben S. 78 und Anmerkung 8). 7) Mon. Boica IV, S. 156. 8) Auf der Rückseite des abgelösten Deckblattes (gleichfalls Pergament) für den hinteren Deckel finden sich zwei Urkunden, Leibgedingbriefe, ausgestellt, bzw. besiegelt von Abt Konrad von Formbach aus den Jahren 1388 und 1406.

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