Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)

IV. Quellen und Quellenkunde - 35. Alphons Lhotsky (Wien): Eine unbeachtete Chronik Österreichs aus der Zeit Kaiser Friedrichs III

538 Eine unbeachtete Chronik Österreichs aus der Zeit Kaiser Friedrichs HL Von Alphons Lhotsky (Wien). In einer 1837 erschienenen Studie 4) hat Joseph Franz Emil Trimmei auf ein Conzepts- bruchstück im Hofkanzleiarchiv aufmerksam gemacht, dem er die vermeintlich authentische, in Wahrheit aber aus der Gedichtsammlung des Notars Nicolaus Petschacher stammende Deutung der Fünfvokaldevise Friedrichs III. entnahm* 2). Später haben noch Kaltenbaeck und Wurzbach auf dieses merkwürdige Denkmal, die alte deutsche Handschrift der Hofkanzlei in Wien, als auf etwas Allbekanntes hingewiesen 3 4), doch konnte weder das Original selbst noch eine Edition des ganzen Textes festgestellt werden, so daß die Angabe doch recht zweifelhaft schien und zur Vorsicht nötigte4). Nun hat die Hofbibliothek im Jahre 1900 drei engbeschriebene Papierblätter aus dem 15. Jahrhundert erworben, u. zw., nach Angabe des noch ungedruckten Verzeichnisses der Zuwächse seit Abschluß der Tabulae codicum manuscriptorum, von Emil. Emil war aber der Schriftstellername Trimmeis, der bis 1848 Vorstand des Hofkanzleiarchivs (später Archiv des Ministeriums des Innern) war und im Jahre 1867 gestorben ist. Schon die erste flüchtige Einsichtnahme in diese Handschrift (series nova n. 3964) lehrte, daß hier das lange gesuchte Conceptsbruchstück tatsächlich vorliegt. Es scheint, daß Trimmei es mit seinen Materialien vermengte und die Erben später nicht mehr wußten, daß sie damit staatliches Archiveigentum der Hofbibliothek verkauften oder schenkten — die Art der Erwerbung ist aus dem Akquisitionsjournal nicht ersichtlich. Merkwürdig ist, daß sich die Forschung bis heute mit den recht interessanten Bruch­stücken nicht beschäftigte, obwohl diese, wie gezeigt, schon mehrmals literarisch erwähnt wurden; selbst dem sonst so wachsamen Joseph Chmel sind sie entgangen und Spätere haben die Hinweise darauf nicht weiter verfolgt, so daß die Sache schließlich völlig in Vergessenheit geriet. Es handelt sich um drei Blätter Papier (zwei ohne Wasserzeichen, das dritte zeigt eine Waage im Kreise), in den Ausmaßen 198 mm zu 257 mm. Sie hatten früher einmal zur Eintragung laufender Einnahmen und Ausgaben eines Wirtschaftsbeamten gedient. Man erkennt noch trotz starker Durchstreichung auf f. lv die Worte Vermerck: in dem . .. und darunter Vermerckt dem mostkauff, dann auf f. 2V: Vermerckt denn Mostkauff zw Newdorff Anno Domini im IL. jar. Item meiner einnemen: von erst hab ich eingen[omen] XXV tl. d. und IIII gulden in gold (umb vaser mer ausgeben % tl- XII d. Ilii d. ...J5). Item zu zerneg 1 tl. denn (davon hab ich ausgeben den furleuten au ff dy zehen vaser y2 tl. X d.). J) Österreichische Zeitschrift für Geschichts- und Staatskunde 1837. 2) Johann Paul Kaltenbaeck, Austria oder Österreichische Universalkalender für das gemeine Jahr 1842, S. 106; Constant v. Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaisertums Österreich 47 (Wien 1883), S. 203. 3) Alphons L h o t s k y, Die sogenannte Devise Kaiser Friedrichs III. und sein Notizbuch cod. Vindob. Palat, n. 2674 (Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien, Neue Folge 13, 1944), S. 87 f. 4) Lhotsky, a. a. O., S. 88. 8) Die eingeklammerten Zusätze sind durchgestrichen. Die Abkürzungen bedeuten talenta dena­riorum bzw. denarios.

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