Leo Santifaller: Ergänzungsband 2/1. Festschrift zur Feier des 200 jährigen Bestandes des HHStA 2 Bände (1949)
I. Archiv-Wissenschaften - 1. Norbert Bischoff (Moskau): Einige Notizen über Geschichte und Organisation des Archivwesens der Sowjetunion
8 Bischoff. mentenmaterials beschäftigt. Auch die technologischen Fächer: Verwahrung, Restaurierung und Konservierung, tendieren dazu, sich zu eigenen Disziplinen zu entwickeln. Nicht minder scheinen im Gesamtrahmen der archivarischen Ausbildung weitgehende Spezialisierungen und Differenzierungen nach sprachlichen wie nach gegenständlichen Gesichtspunkten wahrscheinlich, um eine volle Aufschließung des ungeheuren und so überaus vielfältigen — und daher an den Archivar die allerverschiedenartigsten Anforderungen stellenden — Archivfonds der Sowjetunion zu gewährleisten. Zwei dem Archivwesen gewidmete Zeitschriften: das „Archiwnoje Djelo“, das theoretische Arbeiten veröffentlichte, und das „Krasnyi Archiw“, das zur wissenschaftlichen Publikation von Dokumentenmaterial diente, haben seit dem Krieg ihr Erscheinen nicht mehr aufgenommen. Hingegen gibt das „Istoriko-Archiwnyi Institut'' weiterhin seine „Trudy“ (Arbeiten) heraus, von denen im Jahre 1946 der zweite Band erschienen ist. Zum Abschluß dieser Notizen über Geschichte und Organisation des sowjetischen Archivwesens, deren kursorischer, fragmentarischer und stellenweise vielleicht sogar prekärer Charakter dem Autor peinlich bewußt ist — handelt es sich doch um recht komplexe Entwicklungen, über welche besonders hinsichtlich des letzten Jahrzehntes zusammenhängende Darstellungen noch fehlen —, sei hier ein Überblick über die wichtigste einschlägige Literatur geboten: Über die Auffassung J. W. Stalins und einzelner seiner nächsten Mitarbeiter über Geschichte und Geschichtsstudium, welche Auffassung auf alle Fragen der Organisation des sowjetischen Archivwesens entscheidenden Einfluß ausübt, findet sich Grundlegendes in dem Aufsatz Stalins: ,,0 dialektitscheskom i istoritscheskom materializme“ (September 1938), enthalten im Sammelband „Woproßy Leninisma“, 11. russ. Ausg. Moskau 1947; ferner in Stalin J. W., Shdanow A. A., Kirow S. M.: „Zamjetschanija po nowomu konspektu utschebnika po istorii SSSR“, enthalten im Sammelband ,,K izutscheniju istorii“, Moskau 1938; schließlich in Stalin J. W.: ,,Ob utschebnike istorii WKP(b)“, enthalten im gleichen Sammelband. Über die Geschichte des russischen Archivwesens in vorrevolutionärer Zeit unterrichtet U. L. Majakowskij in dem bisher allein erschienenen I. Teil seines Werkes: „Otscherki po istorii archiwnowo djela w SSSR“, Moskau 1941. Die Geschichte des sowjetischen wie des vorrevolutionären Archivwesens ist dargestellt in A. W. Tschernow: „Istorija i organizatsija archiwnowo djela w SSSR“, Moskau 1940. Die die Organisation betreffenden Kapitel sind durch die Neuordnung von 1941 überholt. Das modernste archivtheoretische Werk ist K. G. Mitjajew: ,,Teorija i praktika archiwnowo djela“, Moskau 1946; aus früherer Zeit G. A. Knjazew: „Teorija i technika archiwnowo djela“, Leningrad 1935. Die Fragen der Ausbildung höchstqualifizierten Archivpersonals behandelt der Aufsatz S. Boltinow’s: ,,0 podgotowkje kadrow wyschej kwalifikatsii dija archiwow i archiwnych organow“ in der Zeitschrift ,,Archiwnoje djelo“ 1940/IV. Die Beziehungen zwischen dem Archivwesen und den historischen Hilfswissenschaften untersucht J. F. Kolesnikow in dem Aufsatz: „Wspomogatelnije istoritscheskije distsipliny i ich znatschenije dija archiwnowo djela“, veröffentlicht in „Archiwnoje djelo“ No. 54, 55. Für einige der wichtigsten Zentralen Staatsarchive sind bereits unter der Bezeichnung „Putjewoditelj“ (Führer) summarische Inventare veröffentlicht worden, unter denen besonders auf den des Zentralen Staatsarchivs der Alten Akten (Moskau 1946) hinzuweisen ist.