Oskar Regele: Ergänzungsband 1. Der österreichische Hofkriegsrat 1556-1848 (1949)

II. Die Tätigkeit des Hofkriegsrates im Allgemeinen. - d) Mängel des Hofkriegsrates

4 8 wo alles zum Einsatz zu gelangen habe. Nicht umsonst begegnet uns in den Weisungen an die Armeekommandanten die Wendung, daß von einer Schlacht „das totum dependiret“, daß man sich daher einer Niederlage nicht aussetzen dürfe. Der Überfallene, der Angegriffene kann nicht anders handeln und muß deshalb auch den Vorwurf der Langsamkeit oder des Zögerns auf sich nehmen, wobei Bedachtsamkeit unter solchen Umständen nur lobenswert sein kann. Wer gegen den Hofkriegsrat ähnliche Vorwürfe erhebt, der möge die neueste Kriegsgeschichte durchblättern und darüber nachdenken, weshalb die USA in beiden Welt­kriegen längere Zeit benötigten, bis ihre Truppen auf den Schlachtfeldern erschienen und dann erst recht noch zuwarteten, bis die Stärkeverhältnisse günstige geworden waren. Auch die USA standen einem Angreifer mit Vorsprungsrüstung gegenüber und waren gezwungen, die für den Verteidiger geltenden Regeln anfangs einzuhalten. Bei den Kriegen Österreichs spielte aber noch ein weiteres sehr gewichtiges Moment mit: Österreichs Kriege waren fast immer Zwei- und Mehrfrontenkriege, oft viel j ähr ige und häufig Koalitionskriege. Es ist natürlich etwas ganz anderes, ob ein Staat seine Wehr­macht geschlossen an nur einer Front zu verwenden oder aber, ob diese Wehrmacht geteilt zu kämpfen hat, ferner, ob man unumschränkter Herr seiner strategischen Entschlüsse ist oder ob man auf Verbündete unzählige Rücksichten nehmen muß. Unter allen diesen Gesichtspunkten wollen die sogenannten Mängel des Hofkriegsrates beurteilt werden. Diese Mängel lagen nicht so sehr auf strategisch-operativem oder organi­satorischem Gebiete, sondern vielmehr in der verbündeten, finanziellen und wirtschaftlichen Kriegführung, vorwiegend dort, wo Hofkammer und General-Kriegskommissariat diktierten und deshalb heißt es auch diesbezüglich in den „Kriegen unter der Regierung der Kaiserin- Königin Maria Theresia“ x) bei Betrachtung der Lage um das Jahr 1740: „Ohne daß die Sachlage immer gründlich erwogen worden wäre,-wurden dem Hofkriegsrate die ange­führten Verhältnisse bisher häufig, aber ungerechtfertigt zum Vorwurfe gemacht.“ 0 I., 1., S. 323. t 48

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