Oskar Regele: Ergänzungsband 1. Der österreichische Hofkriegsrat 1556-1848 (1949)

II. Die Tätigkeit des Hofkriegsrates im Allgemeinen. - d) Mängel des Hofkriegsrates

4 f> als wenn er stets die Ursache wäre. . .. Die Kanzleien, welche über die Klage der Länder den Vortrag zu machen haben, rufen alle das ,Kreuzigt ihn!‘ über das Militär aus.. .. Ander­seits beklagt sich das Militär über schlechte Behandlung. . . indem sein Sold geringer ist, als ihn jeder andere Potentat gibt. . . die Kammer gibt das Korngeschäft Leuten, die nur ihr Privatinteresse suchen. . . liefert schlechtes Tuch. . . streicht gute Münze ein und zahlt mit schlechtem, fremden Geld. . .. Alle Welt schreit über den Kriegsrat. . .. Was konnte doch da immer der Kriegsrat dafür?“ Am häufigsten findet man die von Prinz Eugen stammende Beurteilung des Hof­kriegsrates zitiert, wenn dieser angeprangert werden soll. Prinz Eugen äußerte sich fol­genderart über den Hofkriegsrat, den er selbst durch 33 Jahre führen sollte 1): „Das Haupthindernis des österreichischen Kriegswesens war bisher die üble Organisation des Hofkriegsrates. Nicht nur die Bildung einer ordentlichen Armee, selbst die ersten Generale und die siegreichsten Feldzüge wurden dadurch aufgehalten, wovon die Behandlung des großen Wallenstein und meine eigene Beweise sind. Als ich endlich Präsident davon wurde, bestand er zum Teil aus neidischen Menschen, deren Eifersucht alle meine vorigen Operationen zu tadeln wußte, oder aus überklugen Theoretikern, welche, obwohlen sie nicht einmal ein Detachement anführen konnten, doch alles besser wissen wollten, oder aüs Günst­lingen, die sich auf irgend eine Art hinaufgeschwungen hatten. Wenn der kaiserliche Hof es daher nicht zur Sitte macht, daß entweder der Regent selbst oder doch der würdigste General die Direktion davon erhält, so werden auch die glücklichst vollendeten Feldzüge immer ohne Frucht bleiben.“ Wie man erkennt, lag das Übel — wie überall — vornehmlich in der personellen Frage, in der Besetzung wichtiger Posten mit ungeeigneten Menschen. Nicht der Hofkriegsrat an sich war Gegenstand der Kritik, sondern die schlechte Personalpolitik. Dasselbe zeigte sich in einer Bemerkung des Prinzen von Hildburghausen aus dem Jahre 1736: „Der Hof­kriegsrat, welcher aus lauter Leuten besteht, die vom Militär nichts wissen, als was sie aus der Theorie erlernt, müßte für künftig folgendermaßen besetzt werden: dem Präsidenten und Vizepräsidenten müßten wenigstens sechs Generalspersonen, welche des Militaris ex funda- mento wie auch der Öconomiä militaris zulänglich kundig wären, beigegeben werden“ * 2). Das Sonderbare, den Hofkriegsrat mit Zivilpersonen zu besetzen, läßt sich scheinbar auch auf die Grundsätze des Karl von Liechtenstein zurückführen, der als Oberst­kämmerer im Jahre 1604 den Antrag gestellt hatte, „man möge die Räte nehmen. . . vor allem nicht aus den aktiven Militärpersonen, die zum Verwaltungsdienst ungeeignet.. . mit den verfügbaren Mitteln schon deshalb verschwenderisch umgehen, um nicht einmal bei der Truppe unter einem etwa von ihnen selbst eingeführten Sparsystem zu leiden“ 3). F. M. Josef Graf Harrach, Präsident des Hofkriegsrates seit Ende 1738, führte des­gleichen lebhafte Klage darüber, daß in Kriegs- und Friedensangelegenheiten völlig unerfah­rene Personen den Kaiser in militärischer Beziehung zu beeinflussen suchen, „daß der Letztere nicht wisse, wem er glauben solle und in Gefahr stehe, allerlei verkehrte Resolutionen zu fassen“. An Prinz Hildburghausen schrieb Harrach 1739: „Die Nachwelt wird sagen, der Harrach, selbmaliger Kriegspräsident, muß ein rechter. . . gewesen sein, daß er dem Kaiser derlei verteufelte militärische Vor- und Anschläge gegeben und resolvieren machen; man wird nicht wissen, daß solches alles wider meinen Willen geschehe“ 4). Schließlich hat auch Schwarzenberg seine Kritik am Hofkriegsrat hinterlassen, indem er sagte, dieser wäre „ein Körper, dem das Ausland und die Armee selbst fluchte und die militärischen Unglücksfälle vorzüglich zur Last legte“ 5), der jedoch im Wesentlichen zu bejahen sei. *) Angeli. „Erzherzog Karl...“, V., S. 90. 2) Angeli. „Erzherzog Karl...“, V„ S. 90. 3) Fellner-Kretschmäyr. „Die österr. Zentral Verwaltung“, I„ 1„ S. 243 f. 4) „Kriege unter der Regierung der Kaiserin-Königin Maria Theresia“, I„ 1., S. 308 f. 6) Angeli. „Erzherzog Karl..,“, V., S. 90. 4f>

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