Az Eszterházy Károly Tanárképző Főiskola Tudományos Közleményei. 1990. Germanistiche Studien (Acta Academiae Paedagogicae Agriensis : Nova series ; Tom. 20)
Heinrich Heinrichsen, Lex et Gratia. Hartmanns von Aue Gregorius, zwischen Recht und Gesetz. Eine sprachliche Untersuchung
10 2.3. DIE ÜBERWINDUNG DES GESETZES DURCH DIE GNADE. Der andere, neben dem göttlichen Gesetz bestimmende Faktor im Leben Gregors, der sich letztlich als der stärkere erweist, ist die göttliche Gnade. Hartmann benutzt für diesen Bedeutungskomplex die Worte "gnade", "hulde", "segen" und "minne gotes". "Minne" tritt nur zweimal in der Erzählung auf und berührt die Bedeutung "Gnade" lediglich annähernd. Beide Male wird das Wort während Gregors Klosterzeit benutzt. Es soll durch diese Verwendung ausgedrückt werden, dass Gott Gregorius liebt und ihn deshalb schützt. Gregorius selbst erkennt die Gnade Gottes nicht, und dies bis zum Ende der Passage, wo er sagt: "mir entou gotes gnade schien...". Die anderen Male, bei denen von Gnade die Rede ist, beziehen sich entweder nicht auf Gregorius** oder sie können nicht als Gnade Gottes verstanden werden.^ Der Begriff "gnade" tritt relativ gleichmässig in allen Abschnitten der Erzählung auf. Dabei benutzt Hartmann das Substanitv "gnade" während der Vorgeschichte ein einziges Mal: am Schluss der Passage (921). Zweimal tritt das Adjektiv "gnaedic" auf, einmal in Verbindung mit Christus, einmal in Verbindung mit Gott. Schon hier bezieht sich die Gnade Christi auf Gregorius, und auch die Rettung der Stadt am Ende das Abschnittes, in deren Zusammenhang von "Gnade" die Rede ist, bezieht sich bereits auf Gregorius. Während Gregorius' Zeit als Ritter wird zweimal ein Wort aus dem Wortfeld "gnade" benutzt, einmal tritt das Wort "ungenade" auf (1900), das aber bedeutungsmässig nicht mit "Ungnade" übersetzt werden kann, sondern das für nhd. "Unheil" steht, das andere Mal fragt sich Gregorius, ob er auf die Gnade Gottes beim Kampf mit dem Herzog zählen kann (2053). Erst im 5. Abschnitt, in dem über die Busse Gregors berichtet wird, kumulieren sich die Gnadetextstellen (insgesamt vierzehn). Im Epilog taucht das Wort "gnade" viermal auf. Alle viermal handelt es sich um Begriffe im eigentlichen Sinne der "gratia", der Gnade Gottes. Wenn auch "gnade" am häufigsten im Text verwandt wird, gibt es hier zwei weitere Wortfelder, die im Zusammenhang mit dem Gnadebegriff stehen: "hulde" und "segen". Das Verhältnis von "hulde" und "gnade" ist ähnlich dem von "lex" und "gebot". "Hulde" muss man durch nhd "Zuneigung" ausdrücken, also auch hier handelt es sich um einen individuellen, auf die Person bezogenen Begriff. "Hulde" kann - wie "gebot" - auf Menschen bezogen sein. Es wird etwa von Gregors Zuneigung zum Abt oder zu seiner Mutter gesprochen (1730,2450).