Az Eszterházy Károly Tanárképző Főiskola Tudományos Közleményei. 1993. Germanistische Studien. (Acta Academiae Paedagogicae Agriensis : Nova series ; Tom. 21)
Heinrichsen, Heinrich: Literaturwissenschafi und Psycholinguistische Aspekte zur Interpretation von Lessings "Nathan der Weise"
Diese Umdeutung ist sprachlich sehr kunstvoll gemacht. Die anfánglich eingeführten Begriffe "groB" und "abscheulich" werden in Form eines Wortspiels einander gegenübergestellt. Dabei wird der "GröBe" ein neues Attribut zur Seite gestellt: "Bescheidenheit" Die beiden Kernsátze dieser Umdeutung sind anaphorisch ("sich") aneinander gebunden, auBerdem sind der erste und der zweite Satz parallelistisch strukturiert: im ersten Teil des Satzes steht jeweils der Begriff der "GröBe" im zwei ten Teil das "Abscheuliche" . Als der Tempelherr auf diese Umdeutung im Folgenden nicht reagiert, greift Nathan, gariz nach dem Prinzip der Steigerung der Mittel, zu einer bisher nicht benutzten Intervention: zum Ritual: 2 4 er küBt das Brandmal am Gewand des Tempelherren und gibt vor, ihm sei eine Tráne darauf gefallen. Der Tempelherr láBt sich auch tatsáchlich verunsichern: "...Bald aber fangt mich dieser Jud'an zu verwirren." Der durch das Ritual zugánglicher gemachte Tempelherr wird in 1262-1269 mit einer neuen Umdeutung konfrontiert, die er nun auch bereit ist zu akzeptieren: "Stellt und verstellt Euch, wie Ihr wollt. Ich find Auch hier Euch heraus. Ihr wart zu gut, zu bieder, Um höflich zu sein. - Das Mádchen, ganz Gefühl; der weibliche Gesandte, ganz Dienstfertigkeit; der Vater weit entfernt Ihr trugt für ihren guten Namen Sorge; Floht ihre Prüfung; floht, um nicht zu siegen. Auch dafür dank ich Euch Diese Umdeutung, deren genaue sprachliche Analyse keine neuen Aspekte zu meinem Thema liefert am Beispiel der ersten Umdeutung sollte lediglich gezeigt werden, daB Nathan auch in diesem Gesprách dieselben Sprachelemente 25 verwendet wie bei der Therapie Rechas wird in den Zeilen 1271-1274 fortgesetzt. AnschlieBend leitet Nathan in eine theologische Diskussion über, die, ohne die starken Vorurteile des Tempelherren dem Juden gegenüber, relativ fruchtbar verláuft. Am Ende der Diskussion bietet Nathan dem Tempelherren seine Freundschaft an, die der Christ auch gerne akzeptiert. 39