Duna népe, 1937 (3. évfolyam, 4, 6, 10, 11. szám)

1937 / 11-12. szám - Középeurópakonferencia Prágában 1938-ban

und was sie endlich nach Italien zurücktragen, ist nur die von den Condottieri erlernte Kunst der Strategie, die Italien um das Jahr 1500 zum unglück­lichen Schauplatz der europáischen Kriege macht. Dasselbe Schauspiel wiedeholt sich ein Jabrhundert spáter, als Italien durch die papstliehe Kurie die Spitze der ganz Európa ergreifenden gegenreforma­torisehen Strömung bildet, um kurz darauf zum Schacherobjekt der absolutistischen Kabinettsdiplo­matie zu werden. So ist auch der grossartiges An­satz der neapolitanischen Revolution von 1799, der intellektuellsten Revolution, die jemals gemacht wurde, zerronnen: Die Italiener durften nur mit ikrem Blut die Feldzüge N'apoleons bezahlen, und spater mit den erfolglosen Aufstanden von 1821 vor Európa die Fackel der Freiheit für — andere er­heben. So nun ist es auch dem Risorgimento ergangen. Dank der genialen Diplomatie eines Cavour, dank der tiefen Volkstiimlicbkeit eines Mazzini und Gari­baldi wurde in wenigen Jaliren das fast unerreich­bar erseheinencle Ziel der nationalen Befreiung und Einigung Italiens vollbracht. Ausser den zunácbst sclimerzlieb betroffenen Österreicbern habén alle Völker Europas diesen unwabrscheinlichen Sieg mit ihren Sympathien begleitet. Aber sie verfielen in den Irrtum, das Ziel der Wünsche Italiens damit erreicbt zu sehen. Man glaubte Italien befriedigt, man ver­jkannte die Hoffnungen, die die Italiener, nicht nur ein republikaniscber Mazzini, sondern auch ein katho­lischer Gioberti, an die nationale Befreiung geknüpft hatten. Diese Hoffnungen aber zerrannen in nichts: Italien vermochte es nicht nur keineswegs, die ihm gebührende Stellung in Európa zurückzuerlangen, sondern es sank alsbald in inen Zustand zurück, der mit Recht den satirischen Hohn des nationalen Dich­ters Carducci herausforderte. Ganz Európa, ohne jede Ausnahme, hat sich damals an Italien schuldig gemacht. Man weiss es erst aus neueren historischen Forschungen, dass der Hauptgedanke der damaligen italienischen Aussen­politik, die dauernde Sympathien Englands voraus­petzte, eine Illusion war; England hatte schon das Risorgimento nur nach eigenen Interessen und nur sehr schwankend unterstützt und liess es spater bei platonischen Sympathien bewenden. Frankreich, das durch den lombardischen Krieg von 1859 die Ein­heitsbewegung so máchtig unterstützt hatte, sah spa­ter in dieser Einheit Italiens eine unangenehme Dro­hung an den Südalpen und im Mittelmeer, und be­antwortete die ihm dauernd aus Rom entgegen­iströmenden Sympathien mit einer Politik, die in der Wegnahme von Tunis, im Zollkrieg gegen italieni­Ischen Wein und Seide und in der demütigenden Ausschliessung Italiens vom Tangerstatut Höhe­punkte erreichte. So blieb Italien nur die Anlehnung an die Mittelmachte, derén konservative Aussen­politik den damaligen Zustand Europas verewigte und eine Erfüllung der nationalen Aspirationen Ita­liens ausschloss. Diese aussenpolitische Sachlage und ihre Kou­sequenzen für Italien zu studieren, hat sich damals kaum jemand in Európa die Mühe genommen. Wel­ches aber waren diese Konsequenzen? Italien war, ungeachtet einer machtigen Avirtschatflichen Ent­wieklung, nicht imstande, seine Bevölkerung zu er­nahren. Der Motor der sozialistischen Bewegung, die damals Italien überflutete, war der nackte Hunger. An eine Verwirklichung des Sozialismus in einem Lande, in dem es nichts zu sozialisieren gab als aus­ilündiscbe Industrieunternehmungen und verschul­dete Güter, konnten nicht einmal die Theoretiker denken. Von Seiten der herrschenden Klasse war die Antwort auf die sozialistische Bewegung die gewalt­tátigen Repressionsmassregeln eines Crispi und die táuschenden Wahlversprechungen eines Giolitti, die die Demokratie in italien lange vor Mussolini zur Illusion machten. Dem unglücklichen Volke blieb nur die Aus­wanderung, Damals habén italiener alle Eisenbahnen und Strassen Europas gebaut. Millionen von Italie­nern siedelten sich in Nordamorika und Südamerika an und gingen dem Volkskörper verloren. Es ergab sich das beschámende Schauspiel, dass die Geldsen­dungen des Auslandsitaliener an ihre daheimgeblie­benen Familien ein unentbehrlicher Bestandteil der nationalen Zahlungsbilanz waren. Diese Auslands­italiener aber, denen das nur scheinbar als Gross­macht geltende Mutterland keinen wirksamen Schutz angedeihen lassen konnte, führten ein Paria-Dasein und es muss leider in diesem Zusammenhang an die brutalen Hetzjagden der Polizei und des Pöbels auf italienische Arbeiter in Südfrankreich erinnert wer­den. Es hat in Italien wahrlich nicht an Bemühun­gen gefehlt. Nimmt man die unsozialen Klassen­gruppen inperialistischer Unternehmer, untátiger Latifundienbesitzer und anarchistischer Arbeiter aus, so darf den Italienern in ihrer Gesamtheit, Unternehmern wie Arbeitern, das Zeugnis nicht ver­sagt werden, dass sie einen unerhörten wirtschaft­lichen Aufstieg ermöglicht habén, auch wenn er an­gesichts des Mangels an Bodenschátzen und ange­sichts der Kargheit der Erde Italien nicht zu einem reichen Lande zu erheben vermochte. Was in dem Zeitraum zwischen 1870 und 1910 in Italien kulturell geleistet wurde, wird die Geschichte bewahren. Dass dieses Land mit Benedetto Croce an die Spitze der europáischen Philosophie und mit Marconi an die Spitze des technischen Fortschvitts trat, konnte nichts darán andern, dass die Kenntnis der italieni­schen Sprache in Európa immer mehr abnahm, dass ihre Literatur zu einem Ableger der französischen Literatur wurde, dass man das ehemals knlturell führende Volk von fast 40 Millionen Menschen zu den Völkern zweiten Ranges verwies. Als alle Völker Europas schliesslich das Schwer­tergriffen, hat sich auch Italien nach einem schwe­ren nationalen Gewissenskonflikt nicht versagt. Aber wir wissen heute alle, dass die italienische Diplo­matie von 1919 den Sieg verlor. Als Gewinn nach unerhörten Blutopfern blieb: die soziale Revolution­Es gibt kein schöneres und herrlicheres Land unter der Sonne als Italien. Es gibt kein sympathi­scheres und begabteres Volk in Európa als die Ita­liener. Aber von ásthetischer Bewunderung und menschlicher Sympathie können die Italiener nicht lében. Man wirft ihnen vor, dass sie die Ideologien Europas verletzen und beleidigen? Sie tun nichts anderes, als was alle Völker und Staaten Europas vor ihnen getan habén. Italien ist heute den Euro­paern nich europaisch genug. Aber es erhebt keines­wegs den Anspruch, dass Európa italienisch werde. Es darf nur mit Recht verlangen, dass Európa wie­der europaisch werde. Dann wird auch die Italianita wieder europáischen Klang bekommen. Dr. Ottó Maria Fídelis. 14

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