Evangelischen obergymnasiums, Bistritz, 1870

9 Reisenden in hohem Grade. Die schönen Gebirge, die romantischen Land­schaften, die stattlichen Flüße und die vielen auf schroffen Felsen erbauten Ritterschlösser erfüllten sie mit Bewunderung, nur der steinige Weg genirte sie einigermaßen. In Dresden konnten sie sich nicht lange aufhalten und deshalb benützte Klein jede Minute, um die Sehenswürdigkeiten von Elbeflorenz in Augenschein zu nehmen. Wien hatte ihn überrascht, Dresden entzückte ihn. Die hier aufgehäuften Kunstschätze, besonders jene einzigen Gemälde der modernen italienischen und niederländischen Kunst, die Dresdens Gallerie heute noch einen so einen hohen Werth verleihen, regten ihn mächtig an. Klein, in das An­schauen dieser Herrlichkeiten versunken, konnte sich nicht losringen aus dieser Welt voll Kunst, voll Form und Farbe, voll Glanz und Leben. Und was sein sinnliches Auge anschaute, das verstand er auch, er sah nicht nur, sondern er empfand auch alle Schönheiten, die sich ihm darboten. Dies beweist sein treffendes Urtheil über einzelne Gemälde. In der Sophienkirche hörte er den berühmten Reinhard predigen, der ihm aber bei weitem nicht so gut gefiel, wie Wächter in Wien. Von der Schloßkirche, noch mehr aber von der prächtigen Musik, die er in ihr hörte, war Klein so begeistert, daß er schrieb: „Ihr, die ihr Dresden besucht und versäumt diese himmlische Kirche zu sehen und die herzerhebende Musik au- zuhören, begeht eine Sünde wider die schönen Künste." In Leipzig, wo er am 1. October eintraf, erfuhr er, daß der berühmte Professor der Mathematik Stahl im Begriffe stehe von Jena sortzugehen, was ihn auf einen Augenblick in dem Entschlüße diese Universität zu beziehen schwankend machte. Die Nachricht erwies sich jedoch bald als unwahr und so reiste er denn bereits den 2. October von Leipzig ab und traf den folgenden Tag nach einer Reise von vollen 4 Wochen wohlbehalten in Jena ein. „Und nun frisch studirt" — mit diesen Worten schließt der erste Theil des Tagebuches. lieber seinen zweijährigen Aufenthalt in Jena hat Klein in seinem Tage­buche nichts ausgezeichnet, der zweite Theil desselben enthält nur die ausführ­liche Beschreibung seiner Rückreise. In einem Hefte jedoch, das er später anlegte und das den Titel führt: „Familiengeschichte des Joseph Traugott Klein, dermaligen Rectors des evangelischen Gymnasiums zu Bistritz, aufgesetzt 1811 zu Ende November", finden sich zwei Notizen, welche sich auf seinen Universitätsaufenthalt beziehen. Die eine derselben enthält die Wissenschaften, sowie die Namen der Professoren, welche Klein gehört hatte. Es waren dies: Schelling' in Philosophie, Paulus in Theologie, Loder in physiologischer An­thropologie, Stahl in Mathematik, Breyer in Geschichte, Schelver in Botanik, Eichstädt in Philologie, Niethammer in theologischer Moral. Die zweite Notiz liefert' den Beweis, daß der junge Student den Vorsatz, den er bei seinem

Next

/
Thumbnails
Contents