Evangelischen obergymnasiums, Bistritz, 1864
56 Die Hälfte der bestraften Verbrechen und mehr ule %, nämlich 112, von denen die Thäter unbekannt geblieben, sind Diebstähle, und zwar größten- theils Vieh-Diebstähle. Verbindungen einheimischer Diebe mit fremden aus der Marmorosck, dem östlichen Ungarn, der Moldau und den Grenzgebirgen dann die vielen Märkte im Lande sichern die Straflosigkeit, da das gestohlene Gut rasch sortgeschafft wird und der Thäter unentdeckt bleibt. — Nach den Diebstählen sind die Brandlegungen die am öftersten vorkommenden Verbrechen. Selbst wenn man die Hälfte aller Brände der Sorglosigkeit zrrschreibt, bleibt doch sicher die andere Hälfte der Bosheit. Oder könnte man anders schließen, wenn, wie 1853, 1857, in Bistritz Brandzettel Zeit und Ort bestimmen, wo es brennen werde, und trotz der Sorge das Feuer wirklich ausgeht? Die Volksstimme, die häufig das rechte trifft, kennzeichnet die Veranlassung und die Thäter, da aber keine Beweise vorliegen; so ist es nicht möglich etwas darüber zu sagen. Stellt die früher angegebene Zahl von nur 7 Verbrechen auf 2200 Seelen den Sachsen des Nösner Gaues ein ehrendes Zeugniß, lvenigftens über ihre Achtung vor dem Gesetze, über ihr Rechtsbewußtscin aus; so stellt sich die Lage weniger günstig, wenn man nach dem Stande des Aberglaubens, dieser Seelenkrankheit fragt, welche der Menschheit vielleicht eben so viel geschadet hat, als die Verbrechen Daß die vorgeschrittene Bildung, die reineren geistigeren Lehren des Protestantismus nicht im Stande gewesen sind, die wilden, wuchernden Schößlinge des Aberglaubens zu ersticken, liegt theilweise in dem halben Hirtenleben des größten Theiles der Jugend. Bei der nächtlichen Viehweide, im rauschenden Wald, vom flackernden Feuer nur beleuchtet, erzählt der Knabe wieder, was er von Zigeunern und Walachen gehört, die Stimmung des Augenblicks und Ortes begünstigt die Wirkung des Ahnungsvollen, Unheimlichen, und spätere Zeit kann den mächtigen Eindruck nicht mehr bewältigen und ver- löschen. Ohnehin ist auch der Erwachsene der fortdauernden Einwirkung der Anschauungen der - umgebenden Waiachen und Zigeuner, dieser Mleischgewor- denen Fornien des Aberglaubens schutzlos ausgesetzt, und wie tarffmd flackernde Irrlichter das Auge blenden, so, daß es die wahre eine Leuchte immer wieder verliert; so geht auch dem Geiste im verwirrenden Spiele zahlloser Phantasiegebilde, welche aber mit dem Ansprüche auf Wirklichkeit auftreten, der wahre Weg verloren. Den besten Beweis für meine Ansicht, daß der Aberglauben im rohen Boden der Umgebung wurzelt, und nur von da aus die sächsisch- protestantische Bildung überwuchert, liefert die Thatsache: daß die meisten Zaubersprüche walachisch sind, die Gebräuche — schwarze Fast' — zum Theil den Anschauungen der orientalischen Kirche entstammen, und daß der griechische — walachische — Pfarrer zu Hülfe gerufen wird, um durch seine Messen und Gebete hoffnungslose Kranke zu heilen.