Evangelischen gymnasiums, Bistritz, 1862

14 Melodieen eingeübt werden. Denn auch der Gesang darf in den neuen protestantischen Schulen nicht fehlen, und wie hoch Luther das bildende Element desselben anschlägt, ist zur Genüge bekannt. Und wie in Bezug auf alle Lehrgegenstände die religiösen Elemente am meisten betont wer­den, weil sie den ganzen Unterricht durchdringen, sehen wir am besten an den sprachlichen Uebungen. Die klassischen Sprachen werden geübt an den Katechismen, wie denn Justus Jonas einen in lateinischer Sprache schreibt. Ja selbst griechisch geschriebene Katechismen finden wir aus dieser Zeit. Und aus diesen sprachlichen Unterricht wird großes Gewicht gelegt. Latein und Griechisch sollen auch in der Volksschule geübt werden, wenn auch nur mit den vorgerückteren Schülern. Welch herrlichen Früchte die Bestrebungen aus dem Felde der Volksbildung trugen, kann man am besten erkennen aus einem Berichte Luthers kurz nach der Visitation. Mit höchster Befrie­digung kann er über die Volksschule berichten, wie schön es doch sei, wie nun die Knaben und Mädchen das reine Gotteswort, das Vater Unser und den Glauben hersagen könnten, wovon man bisher in diesen Schulen nichts gefunden habe, deren Kenntniß ganz vernachlässigt worden sei. Frei- lich darf män dabei nun nicht denken, daß gleichsam mit einem Schlage die Schulbildung aus ihrem tiefen Verfalle herausgerissen und verbessert worden wäre. Und am allerwenigsten ist man dazu berechtigt, die Erwar­tung von den reformatorischen Bestrebungen in Bezug aus die Schule bis zur höchsten Spitze zu steigern. Denn überall wo ein neuer Zustand geschaffen, wo eine neue Idee zum Durchbruch kommen und sich Geltung verschaffen soll, muß allemal eine geraume Zeit vergehen, bis die alten Zustände- überwunden werden. Denn diese vor allem gilt es zu bre­chen und erst wenn die neue Idee den schweren Kamps gewonnen und das Schlachtfeld als Sieger behauptet, erst dann stellt sich das neu Geschaffene in um so klarerem, hellerem Lichte dar. Dies gilt von jedem geschichtlichen Werden, dies gilt auch von den Schulen der reformatorischen Zeit. Auch hier mußte das Alte überwunden und das Neue zum Siege gebracht wer­den. Freilich konnte der Sieg hier leichter errungen werden als sonst, denn der festbegründete freie Bürgerstand der freien Reichsstädte kam den Re­formatoren auf halbem Wege entgegen. Sie waren die ersten Stätten, wo die Reform der Schute vorgenommen wurde. Damit dieselbe aber allgemeiner werde, fordert Luther im Jahre 1524 die „Rathsherrn aller Städte Deutsch­lands" auf: „daß sie Christliche Schulen ausrichten und halten sollen." *) *) Abgedruckt im Auszuge in PH. Marhemecke: Geschichte der teutschen Reformation II., S. 79 und vollständig in Ä. b. Räumers: Gesch. der Pädagogik, I., S. 145.

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