Evangelischen gymnasiums, Bistritz, 1861

10 zu der Hefe des Volkes hinabgestiegen ist. Dort hat er seine Schwäche belauscht, seine Sinnlichkeit behorcht, aber nicht um sie zu bessern, fen- dem um seine Werke so einzurichten, daß er des Erfolges „zu gefallen" gewiß sein könnte. Auf diese Art hat sich eine belletristische Literatur gebildet, die von Frankreich ausgehend, wo sie mit Heißhunger verschlungen wird, ihren Schritt nach Deutschland lenkte. Ihr System ist die Verneinung, Auf­lösung des Bestehenden ihr Zweck; zu hohl um Neues auf sittlicher Grundlage zu begründen, ist Lockerung der Volkssittlichkeit ihre natür­liche Folge. In solche mehr als zweidentige Gesellschaft zu bringen, haben die auf Gewinn berechneten Leihbibliotheken wesentlich beigetragen. Mag ihr ursprünglicher Zweck immerhin ein anderer gewesen sein, dahin sind sie größtentheils ausgeartet. Das Nebel einmal erkannt, hat namentlich in Deutschland eine ernstliche Bekämpfung hervorzerufen; hier sah man zu­erst ein, daß es damit nicht abgemacht sei, in blindem Eifer gegen eine schmerzliche Erscheinung, die immerhin einem lobenswerthen Drange, dem Drange nach geistiger Unterhaltung entsprungen war, sich zu ergehen. Man fühlte, daß man für das Schlechte etwas Gutes bieten müsse, wenn Jenes beseitigt werden sollte. Dieser Ueberzeugung verdankt jene ausgezeichnete deutsche belletrist­ische Literatur ihre Entstehung, die, indem sie unterhält, zugleich belehrt. Die ersten Geister der Nation, die vielleicht in zu großer Vornehmheit mit dem Volke nichts zu thun haben wollten, hielten es nicht mehr unter ihrer Würde, die von ihnen gefundenen Wahrheiten der Geschichte, des seelischen Lebens des Menschen, des geheimnißvollen Waltens der Natur, durch eine gefällige Form in populärer Sprache dem Volke zugänglich zu machen. Und zum Lobe des sittlichen Volksgefühles müssen wir es aner­kennen, daß das Streben der Edlen freudig begrüßt, auch von erfreu­lichen Erfolgen begleitet war. Jene jämmerliche Fabriksarbeit, die die Seele mit unheimlichen Bildern aus der bösen Geisterwelt erfüllt, welche die Einbildungskraft mit schlüpfrigen Bildern vergiftet, verliert täglich an Baden, und ihre Stelle wird vom Bessern eingenommen; hoffen wir, daß der Zeitpunkt nicht mehr ferne sei, wo man dort, wohin das Streben nach deutscher Bildung.gedrungen ist, auf die Zeit, wo namentlich selbst

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